SWR2 Wort zum Tag

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Etwas merkwürdig ist die Geschichte des heutigen Heiligengedenktages schon. Die heilige Teresa von Avila ist am 4. Oktober 1582 gestorben, so dass dieser Tag normalerweise auch ihr Gedenktag wäre. Aber der Tag ist durch den heiligen Franziskus schon prominent besetzt, weshalb man auf den Tag nach ihrem Todestag auswich, den 15. Oktober. Sie haben richtig gehört, vom 4. auf den 15.: Im Jahr 1582 fehlten wegen der Gregorianischen Kalenderreform die Tage dazwischen.
Aber dieser ver-rückte Gedenktag passt ganz gut zu der heiligen Teresa. Denn sie hat auch nicht so recht in ihre Zeit gepasst. Sie flieht vor der Ehe ins Kloster, weil sie nicht als Ehefrau unterdrückt werden will. Im Kloster kämpft sie lange um den richtigen Weg für sich und auch mit Gott ringt sie. Eines ihrer Bücher muss sie zweimal schreiben, weil sie in der ersten Fassung gegen die Unterdrückung der Frau protestiert und die Kirche kritisiert. Trotzdem ist Teresa zu einer wichtigen Heiligen geworden, sie gründet viele Klöster - zunächst für Frauen, später auch für Männer, und sie schreibt Bücher, weil sie möglichst viele Leute an ihrem Weg teilhaben lassen will. Papst Paul VI. hat ihr 1970 den Ehrentitel „Kirchenlehrerin" verliehen.
Für Teresa ist Gott vor allem der Mensch Jesus, zu ihm pflegt sie eine innige Freundschaft. Beten ist für sie „Verweilen bei einem Freund, mit dem wir oft allein zusammen sind, weil wir wissen, dass er uns liebt." In einem ihrer Lieder zeigt sie sich sogar etwas draufgängerisch: „ Deine ganze Liebe will ich, mein Gott; meiner Seele sollst Du gehören, ein weiches Nest will ich bauen, dort, wo es am schönsten ist." Diese Worte an Gott kommen innig daher, und dulden andererseits kaum Widerspruch. Teresa will Gott aber nicht klein machen. Sie sieht ihn als einen Freund an und mit dem kann man Klartext reden, wenn man Wünsche äußert oder seine Liebe bekunden möchte. Und wenn Gott einen festen Platz in meiner Seele hat - wie Teresa es mit dem weichen Nest beschreibt -, wenn ich nicht ohne Gott leben will, dann schützt mich das vielleicht davor, alles selber machen zu wollen. Teresa wusste, wie befreiend es sein kann, nicht für alles verantwortlich zu sein, manches einfach Gott zu überlassen. In ihrem Beten ist aber auch noch eine tiefere Erfahrung zu erkennen. Teresa hat in ihrer eigenen Gebetsgeschichte gelernt, dass man keine Vorbedingungen erfüllen muss, wenn man zu Gott kommen will. Ich muss nicht schon einen gewissen Standard erfüllen, auf eine bestimmte Weise und so und so oft beten, um von Gott geliebt zu werden. Wenn ich Jesus als meinen Freund betrachte und mit ihm als meinem Freund das Gespräch suche, dann ist schon eine Grundlage da. In diesem Wissen kann Teresa voll Vertrauen sagen: „Nichts soll dich ängstigen, nichts dich erschrecken. Alles geht vorüber. Gott allein bleibt derselbe. Alles erreicht der Geduldige, und wer Gott hat, der hat alles. Gott allein genügt."
Johannes Varelmann aus Wertheim von der katholischen Kirche.

 

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