SWR1 3vor8

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Haltet zusammen, auch wenn ich nicht mehr da bin. Jesus sagt das den Jüngern, bevor er stirbt. Genauer, er betet zu Gott: Vater, gib dass meine Jünger zusammenhalten. Wir wissen nicht, ob Jesus genau so gesprochen hat. Wahrscheinlich hat der Evangelist Johannes hier mit seinen Worten ausgedrückt, wie er Jesus erlebt hat, was Jesus wichtig war, und Johannes hat da wohl auch seine Sorgen und Befürchtungen mit reingepackt, auch erste Erfahrungen schon in den frühen Christengemeinden. Daß es verschiedene Meinungen gibt unter den Jüngern und dass deshalb viele Menschen nicht an Jesus glauben. „Alle sollen eins sein, damit die Welt glaubt, dass Du mich gesandt hast." heißt es wörtlich im Evangelium. Leuten, die zerstritten sind, glaubt man nicht. Das ist hier wohl gemeint, aber auch noch etwas anderes. Jesus wollte wohl mit seinem ganzen Leben zeigen, dass wir Menschen von Grund auf miteinander verbunden sind. Und diese Botschaft sollten und sollen auch die Jünger weitergeben. An Jesus von Nazareth glauben schließt ein, alle Menschen eng miteinander verbunden zu sehen und entsprechend miteinander umzugehen.
Dass alle eins sind, dieser Satz aus dem Johannesevangelium war immer auch schon wichtig in der Ökumene der christlichen Konfessionen. Und im Moment beschäftigt dieser Wunsch wieder zigtausende beim Kirchentag in München. Daß es statt der vielen christlichen Konfessionen eine christliche Kirche gibt. Aber müssen wir wirklich das Wort aus dem Gebet Jesu auf die institutionelle Kircheneinheit beziehen? Wieviel Verschiedenheit hat Platz in der Einheit - anders noch: wie viel Verschiedenheit braucht die Einheit, um lebendig zu sein? Natürlich gibt es kleinliche und sogar feindselige Abgrenzungen. Aber ist nicht die Bandbreite des Christlichen durch 2000 Jahre auch ein Reichtum, eine Kraft? Jesus bittet im Johannesevangelium, dass die Jünger eins seien sollen, wie er, Jesus selber, eins ist mit Gott, seinem Vater, und das ist ja wohl eine Einheit mit starken Polen und mit großer innerer Kraft. Einheit in Spannung kennzeichnet ja wohl auch Gott, den die Christen, den dreifaltigen oder dreieinigen Gott nennen. Daß alle eins seien - wir Menschen sollen fähig werden, uns in den Unterschieden, als Einzelpersönlichkeiten untrennbar verbunden zu sehen. Das finde ich eine ziemlich große Aufgabe. Ein Trost, dass sie nicht als Befehl kommt, sondern in einem Gebet.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8270
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