SWR4 Abendgedanken BW

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Einige Leute machen zwischen Fasnet und Ostern "Pause" von mehr oder weniger "schlechten Angewohnheiten". Sie Fasten. Sie wollen damit z.B. zu sich selbst finden, sich selber wieder besser spüren.
Seit Jahrhunderten gibt es Zeiten des Fastens aus religiösen Gründen. Menschen sollen sich daran erinnern, dass wir von Gott beschenkt werden und von seiner Liebe leben.
Letzte Woche hat mit dem Aschermittwoch diese Fastenzeit begonnen, die erst am Ostersonntag mit der Feier der Auferstehung endet. Die Woche davor, die Passionswoche, gilt als der Höhepunkt dieser Fastenzeit. Heute genau in fünf Wochen am Gründonnerstag aber, da isst man im Schwabenland traditionell: ... Maultaschen.
Vermutlich kennen Sie die Geschichte auch, warum wir Schwaben angeblich die Maultasche erfunden haben: Eigentlich darf ja nach strenger Lehre in der Fastenzeit kein Fleisch gegessen werden. Aber das "Verbotene" übt offensichtlich besonderen Reiz aus.
Damit nun Gott nicht sehen sollte, dass da Fleisch gegessen wird, ist die Füllung ringsum von Nudelteig umgeben. Falls aber Gott einmal genau hinschauen sollte und das Innere einer Maultasche sehen könnte, ist die Fleischfüllung mit Spinat und Kräutern grün gefärbt. Ich muss immer schmunzeln bei dieser Anekdote, wie schlitzohrig man meinte, Gott hinter´s Licht führen zu können.
So haben Menschen die Fastenzeit missverstanden: Als ein Opfer, das ich bringe, um Gott versöhnlich zu stimmen; als einen "Handel" mit Gott. ... Und wo um etwas "gehandelt" wird, gehört das "Beschummeln" des Handelspartners schon fast dazu.
Offensichtlich halte ich ganz schwer nur aus, von Gott mit seiner Liebe beschenkt zu werden ohne "Gegenleistung". "I zahl' mei Sach', na brauch i net 'Danke' saga", ist so ein Spruch, der in Schwaben dazu passt. "Alles hat seinen Preis", "es gibt nichts umsonst", das sind Sätze, die sich tief in mir festgesetzt haben. Die entsprechen dem, was ich im Leben von "Handelsbeziehungen" täglich erfahre. "Wenn du brav bist, kaufe ich dir ein Eis!", sage ich vielleicht zu meinen Enkelkindern und beim Kauf eines Geburtstagsgeschenks kommt mir schon mal der Gedanke, wieviel der andere wohl für mich ausgegeben hat.
Jetzt, in der Fastenzeit, verzichte ich auf manche liebgewordene Gewohnheit. Ob ich dem Geheimnis näher komme, dass Gott mich beschenkt, mit Leben, mit Gesundheit, ohne die Frage: "Was krieg' ich dafür"?
Dann kann ich mir vorstellen, dass er wie ein gütiger Vater mit mir über die Geschichte von den Maultaschen schmunzelt ...: "Oh ihr Schwaben ...!"
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