SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

Die Sonntagsgedanken
widmen sich heute dem wunderbarsten, was das Leben zu bieten hat, der LIEBE.

Teil 1
Schon mal gehört und mitgeträllert? Die Liebe ist ein seltsames Spiel, sie kommt und geht von einem zum andern. Connie Francis hat es gesungen und vor 50 Jahren die Hitparaden gestürmt. Ein Ohrwurm, der hängen bleibt und gute Stimmung macht. Denn von der Liebe kann man gar nicht oft genug singen, erzählen, malen und dichten. Die Liebe ist das Schönste und Beste, was das Leben zu bieten hat. Sie ist aufregend und inspirierend. Die Liebe setzt ungeahnte Kräfte frei. Die Liebe malt in den schillernsten Farben und entzündet prickelnde Lust am Leben. Verliebt kann man die höchsten Mauern überwinden, trennende Grenzen überschreiten und Barrikaden niederreißen.
Heute am Valentinstag zeigt sich die Liebe ganz offen. Mit Blumen und Pralinen oder einem feurigen Liebesbrief. Für den Liebsten und für die Beste aller Freundinnen. Das stärkt die Liebe. Denn Liebe ist so lebendig, dass sie wachsen, aber auch abnehmen, ja sterben kann. Und deshalb will sie gepflegt und gehegt werden wie ein neu gepflanzter Baum.
Wer nach Worten für seine Liebe sucht kann in der Bibel fündig werden.

„Deine Schönheit ist vollkommen, meine Freundin, kein Makel ist an dir. Du hast mich verzaubert, mein Mädchen. Mit einem einzigen Blick hast du mein Herz geraubt. Schon eine Kette deines Halsschmuckes zog mich in deinen Bann. Wie glücklich macht mich deine Liebe, mein Mädchen. Ich genieße deine Liebe mehr als den besten Wein, dein Duft ist bezaubernder als jedes Parfum. Wie Honig schmecken deine Lippen, ja, süße Honigmilch ist unter deiner Zunge. Und wie der Wald dort auf dem Libanon so duften deine Kleider. Wie schön du bist, meine Freundin, wie wunderschön.“
Im Hohenlied Salomos im Alten Testament finden sich diese leidenschaftlichen Liebesbeschreibungen. Frommen Auslegern war das ganze Buch zu erotisch. Wie konnte es nur sein, dass im ganzen Hohenlied nicht einmal das Wort Gott zu finden ist? Die lustvollen poetischen Liebeslieder könnten nicht wortwörtlich verstanden werden.
Es muss sich um die Liebe zwischen Gott und seinem Volk handeln. Oder um die Liebe zwischen Christus und seiner Kirche, so die Deutung von christlichen Auslegern. Ich finde, das eine schließt das andere nicht aus. Die Liebe ist von Gott. Überall, wo die Liebe wohnt, ist auch Gott. Ob es sich dabei um die Liebe zwischen zwei Menschen handelt, kameradschaftlich, freundschaftlich, erotisch. Oder um die Liebe Gottes zu seinem Geschöpf. Oder um die Liebe des Menschen zu Gott. Die Liebe ist das Entscheidende.
Sie macht das Leben erst richtig schön.

Teil 2
Die Sache mit der Liebe, die heute am Valentinstag so im Mittelpunkt steht. Ist das nur was für frisch Verliebte, die alles rosarot durch eine Herz-Brille sehen? Diesen amerikanischen Kitsch muss man doch nicht mehr mitmachen, wenn man schon als Paar in die Jahre gekommen ist. So grummeln manche. Man muss nicht pünktlich zum Valentinstag seine Liebe zeigen – das nicht. Aber ein Anlass könnte er schon sein. Um nicht zu vergessen: Wir bleiben ein Liebespaar, auch wenn wir schon Silberhochzeit gefeiert haben und Großeltern sind. Die Liebe hat uns einst zusammengeführt und jetzt wollen wir sie hüten und pflegen, dass sie uns nicht zu gewöhnlich wird. Oder gar ganz abhanden kommt vor lauter gepflegter Langeweile. Wie wäre es, der Partnerin bei ihrer nächsten Reise einen kleinen Liebesgruß in den Koffer zu schmuggeln? Oder dem Mann zuliebe mal ins Fußballstadion zu gehen. Sich in Schale werfen, nur für den Partner, weil ich ihm so gefalle.
Überraschendes noch voneinander erwarten und füreinander bereithalten ist eines der Geheimnisse starker Partnerschaften. So werden dem Gemälde der Liebe frische Farben hinzugefügt, damit es wieder leuchtet und strahlt. Denn die Liebe schillert nicht mehr, wenn die Bilder, die man voneinander hat, schablonengleich festlegen. Sich gegenseitig in fest verschlossene Schubladen zu packen, aus denen es kein Entrinnen mehr gibt, verdunkelt jede Zuneigung.
Du sollst dir kein Bild machen von mir, sagt Gott. Ein Bild, das mich festlegen würde, das mich klein macht in deinem Kopf und Herzen. Ein enges Bild, das festnagelt und nicht freimacht. Ich bin der Vertraute, aber auch der Fremde. Verabschiede dein eindimensionales Bild von mir in deinem Kopf und halt Ausschau nach meinen überraschenden Seiten.
Geh auf Entdeckungsreise und erweitere deine Bilder um aufregende neue Perspektiven. Damit unsere Beziehung immer vital und spannend bleibt.

Mach dir kein Bild von mir. Das könnte auch der Liebe zwischen zwei Menschen helfen. Mach dir kein endgültiges Bild von mir, ich möchte mein festgefahrenes Bild von dir auch loslassen. Lass uns gemeinsam nach neuen Ufern Ausschau halten und so werden, wie Gott uns von Anfang an gemeint hat. Neugierig, offen, verbindlich, frei. Lass uns aufmerksam aufeinander achten, über unserer Liebe wachen, zärtlich einander begegnen. Und Worte finden, die wir gemeinsam beten, zum Beispiel so: „Großer Gott, so viele Jahre sind wir zusammen! Wie alter Wein könnten wir füreinander sein, köstlich, feurig, kräftig. Lass es uns sein! Wie ein altes Haus könnten wir füreinander sein: Sicher, fest, wohnlich. Lass es uns sein. Wie ein altes Buch könnten wir füreinander sein, Kostbar, schön und wertvoll. Lass es uns sein.“ (Anton Rotzetter) https://www.kirche-im-swr.de/?m=7735
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