Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Es tut gut, wenn andere Menschen mir etwas zutrauen. Ich kann dann Dinge schaffen, die ich mir selbst niemals zugetraut hätte.
Zum Beispiel habe ich mir nie zugetraut, jemals die Noten auf dem Griffbrett meiner Gitarre zu lernen. 132 Töne hat so ein Instrument – und für mich war immer klar: das schaffst Du nicht. Deshalb war ich auch sehr frustriert als ich mir neulich ein Gitarrenlehrbuch gekauft habe. Denn die erste und wichtigste Regel des Autors lautete: „Du musst lernen, wo die Noten auf dem Griffbrett liegen!“ Na toll, habe ich gedacht, das hab ich 25 Jahre lang nicht geschafft, dann werde ich es jetzt auch nicht schaffen. Aber ich hab trotzdem weiter gelesen: „Glaub mir“, meinte der Autor weiter, „wenn du dir deine Telefonnummer merken kannst, dann kannst du dir auch das Griffbrett einer Gitarre merken“. Und dieser Satz hat die Sache für mich total verändert. Denn: Meine Telefonnummer kann ich mir merken, sogar leicht. Und plötzlich kam mir das Nicht-Machbare machbar vor. Seitdem lerne ich die Töne auf dem Griffbrett. Die Hälfte kann ich schon.
Das Entscheidende war, dass der Gitarrenlehrer aus dem Buch mir nicht nur gesagt hat, was ich tun muss, sondern mir auch zugetraut hat, dass ich es tun kann.
Auch Gott traut uns Menschen viel zu. Davon erzählen viele Geschichten in der Bibel. Gott hat zum Beispiel Mose zugetraut, dass er das Volk Israel in die Freiheit führt. Mose konnte sich das erst gar nicht vorstellen, aber dann hat er sich darauf eingelassen und es tatsächlich geschafft. Und der einfache Fischer Petrus hätte sich wohl niemals zugetraut, vor einer riesigen Menschenmenge zu reden, aber Jesus hat es ihm zugetraut, und er konnte es dann auch.
Ich glaube, auch heute noch traut Gott uns Menschen viel zu: Dass wir schwierige Situationen in unserem Leben meistern. Dass wir Dinge zum Guten verändern können, in unserem eigenen Leben, aber auch in der Gesellschaft und in der Welt. Viele Menschen meinen dass die Bibel voll mit Forderungen ist und halten das für eine Zumutung. „Haltet Frieden! Lasst euch nicht vom Zorn bestimmen! Werdet nicht müde, Gutes zu tun“ – ich glaube, dass Gott mir mit solchen Sätzen nicht etwas zumutet, sondern mir vor allem etwas zutraut.
Gott sagt nicht nur „Du musst“, sondern auch „du kannst das“. Das finde ich sehr motivierend: Ich kann dann Dinge schaffen, die ich mir selbst niemals zugetraut hätte.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=7554
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