Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Keiner will den Josef spielen. Die Maria und den Engel, die hätten wir doppelt besetzen können in unserem Krippenspiel für den Heiligen Abend.

Als könnten sie meine Gedanken lesen, haben mir die Kinder eine Erklärung gegeben: Der sagt ja gar nichts, der steht nur so da, der ist ja gar nicht wichtig, der sieht alt aus.
Wie zäh sich dieses Bild von Josef hält. Das war schon so, als ich in den Kindergottesdienst ging.

Inzwischen sehe ich den Josef anders. Ich kann dem schweigenden Brummbär etwas abgewinnen. Er hat keine großen Worte gemacht, aber er ist dabei geblieben, drin in der Geschichte, die Gott mit den Menschen macht. Er hat sich nicht davongemacht, wie sich mancher davon macht, wenn ein Kind unterwegs ist, das so nicht geplant war.

In der Weihnachtsgeschichte wird erzählt, wie Josef mit sich ringt. Soll er gehen oder bleiben. Maria, seine Maria bekommt ein Kind. Er kann es fast nicht glauben. Auch nicht ihrer Erklärung. Das Kind sei vom Heiligen Geist.

Ich stelle mir vor: Das ging eine ganze Weile so. In der Werkstatt, auf dem Weg zum Gebet. Immer war da dieser Gedanke. Bis Josef von einem Engel träumt: Siehe, sagt der. Und wenn es in der Bibel heißt: Siehe, dann kommt etwas Neues. So war es auch bei Maria. Ein Engel hatte zu ihr gesagt: Siehe, du wirst ein Kind bekommen. Genauso jetzt bei Josef. Siehe… Was so aussieht wie ein Seitensprung, das ist Gottes Plan. Bleib bei ihr.

Und Josef hat seine eigenen Pläne und Vorstellungen zurückgestellt. Er ist bei Maria und dem Kind geblieben. Darum gehört Josef hinein in die Weihnachtsgeschichte.

Die Kinder haben recht: Josef macht nicht viel her. Er steht am Rand. Er sagt nichts. Aber: er bleibt dabei, läuft nicht weg, und er hat seinen Teil daran, dass Gott auf die Welt kommen kann und dass er überlebt, als Menschen ihn gleich wieder wegschaffen wollen.

Ich lese daraus: Es kommt wirklich nicht darauf an, wie groß unsere Rolle ist, wenn Gott zur Welt kommt. Ob wir still dastehen oder laut das Kind willkommen heißen, ob wir mit leeren Händen und Herzen zur Krippe kommen oder ob wir ihm die Schätze unseres Lebens mitbringen. Hauptsache wir schleichen uns nicht davon. Denn Gott will uns dabei haben. Auch die in den kleinen Rollen, die nicht viel sagen und nicht viel zu sagen haben. Die dabeibleiben, auch wenn es manchmal zum Davonlaufen ist. Alle sind wichtig, damit Gott zur Welt kommen kann. Das ist seine Weihnachtsgeschichte live – mit uns.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7352
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