Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Es ist höchst unwürdig: während einzelne mühsam ihr Leben verdienen, die Bauern in täglicher Arbeit sich ermüden, die Handwerker mit viel Schweiß den andern dienen, die Kaufleute nicht nur fleißig arbeiten, sondern Mühe und Gefahren auf sich nehmen müssen, heimsen allein die Geldverleiher sozusagen stillsitzend von der Arbeit aller den Zins ein. Dazu wissen wir, dass es zum größten Teil nicht die Reichen sind, die durch solches Zinsen geschröpft werden, sondern vielmehr die kleinen Leute, die viel eher Erleichterung nötig hätten“. (Johannes Calvin, Über die Wucherzinsen, CO 10a, 245ff)
Diese Sätze stammen nicht aus diesen Krisenzeiten, auch nicht aus dem Klassenkampf des vorletzten Jahrhunderts. So deutlich hat Johannes Calvin die Leute kritisiert, die durch Geldgeschäfte ihren Reichtum immer mehr vermehren. Calvin war einer der Vordenker der Reformation, heute vor 500 Jahren wurde er in Frankreich geboren. Das allerwichtigste war für ihn, dass der Glaube auch Konsequenzen im Leben haben muss. In Genf hat er eine Gemeinde geleitet, da haben sie Ernst damit gemacht. Zum Beispiel auch in der Art, wie die Menschen mit ihrem Geld umgegangen sind. Deshalb seine scharfe Kritik an zu hohen Zinsen, die die kleinen Leute ruinieren.
Ernst war es ihm auch mit der alltäglichen Lebensführung. Zu Ernst, sagen manche, damit hat er den Menschen die Lebensfreude ausgetrieben. Äußerlichkeiten machen Menschen eitel und selbstsüchtig, fand er. Deshalb waren in Genf damals zum Beispiel prächtige Kleider, Schmuck und Tanz verboten. Aber andererseits hat Calvin den Genfern folgenden Rat gegeben: „der Gebrauch der Gaben Gottes geht nicht vom rechten Wege ab, wenn er sich auf den Zweck ausrichtet, zu dem uns der Geber selbst diese Gaben erschaffen und bestimmt hat. …..Hat doch Gott der Herr die Blumen mit solcher Lieblichkeit geziert, …hat er ihnen doch so süßen Duft verliehen, …- wie sollte es dann ein Verbrechen sein, wenn solche Schönheit unser Auge, solch lieblicher Duft unsere Nase berührt? Hat er denn nicht die Farben so unterschieden, dass die eine anmutiger ist als die andere? … Hat er nicht überhaupt viele Dinge über den notwendigen Gebrauch hinaus kostbar für uns gemacht?“ (Institutio III 10,2)
Calvin hat gemeint, mit Regeln und Gesetzen könnte man die Menschen besser machen. Dabei ist die Lebensfreude zu kurz gekommen. Vielleicht können wir von ihm lernen, dass Gerechtigkeit und Lebensfreude zusammenkommen müssen, wenn das Leben gut werden soll.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6304
weiterlesen...