Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Sind Sie schon da, wo Sie dieses Jahr Weihnachten feiern? Oder sind Sie noch unterwegs? Im Zug oder im Auto? Oder einfach in Gedanken noch rastlos und umgetrieben?
Der letzte Tag vor Heilig Abend kommt mir oft ein bisschen atemlos vor. Jeder muss noch irgendwo hin und irgendwas erledigen: Einkaufen, Geschenke weg bringen, zum Frisör gehen oder eben zu den Enkeln fahren oder zu den Eltern. Alle sind auf den Beinen und unterwegs. Von Ruhe und Besinnung noch keine Spur.

Aber vielleicht passt das ja zu Weihnachten! Die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium erzählt, dass die Menschen damals auch alle unterwegs waren. Sie mussten alle in ihre Heimatstadt gehen, um sich da in Steuerlisten eintragen zu lassen. Das war ein Befehl des Kaisers.
Und dann heißt es da:
So machte sich auch auf Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, ins jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem…zusammen mit Maria, seiner Verlobten, die war schwanger (Lk 2, 4).

Sie waren also auch schon unterwegs, Maria und Josef, die Hauptpersonen der Weihnachtsgeschichte. Und ich stelle mir vor, dass sie auch getrieben waren von dem, was noch zu erledigen war. Dass sie keine Ruhe hatten auf dem Weg nach Bethlehem. Schließlich wollten sie bestimmt wieder zuhause sein, wenn das Kind geboren wird.

Was ihnen damals wohl geholfen hat?
Die Bibel sagt nichts dazu.
Aber das Bild von der schwangeren Maria auf dem Weg nach Bethlehem spricht für sich, finde ich.

Angelus Silesius, ein geistlicher Dichter hat es einmal so gesagt:
„Halt an, wo läufst du hin?
Der Himmel ist in dir.“

Der Himmel ist in dir: das sehe ich an Maria mit ihrem dicken Bauch. Sie trägt tatsächlich den Himmel in sich: das Kind, das für alle den Himmel auf die Erde bringt. Und niemand kann es ihr weg nehmen, egal wohin sie noch gehen muss.

Vielleicht hilft es in der Hektik heute ja auch, sich zu fragen: „Halt an, wo läufst du hin?“
Und ich stelle mir vor, dass ich dann kurz stehen bleibe in der Küche, an der Ampel oder mitten im Park. Und dass ich in mich rein höre. Vielleicht kann ich da ja wirklich etwas spüren davon, dass der Himmel in mir ist. Weil mir so eine kurze Pause gut tut und ich merke, es gibt noch wichtigeres, als hier herum zu hetzen. Oder weil ich dann plötzlich Zeit habe mich mal um zu schauen und zu sehen: eigentlich ist schon genug vorbereitet. Weihnachten kann kommen.
Ihnen wünsche ich jedenfalls, dass Sie gut da ankommen, wohin Sie unterwegs sind und dass Sie dabei auch bei sich selbst ankommen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5099
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