SWR1 3vor8

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Und Maria sprach: Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freut sich Gottes, meines Retters, denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. .... er hat große Dinge an mir getan, der da mächtig ist und dessen Name heilig ist. (Lukas 1,46ff)

Es tut mir in der Seele weh, wenn ich sehe, wie ein Mensch einknickt. An der Körpersprache kann man es sehen: Die Schultern fallen und innerlich duckt er sich in sein Schneckenhaus. Ich würde gern helfen, ihn aufrichten. Ihm Mut machen: Hey, du bist doch auch jemand, du musst dich nicht einschüchtern lassen. Auch nicht von denen, die scheinbar über Dir sind. Aber wenn jemand so eingeknickt ist, ist es oft ganz schwer ihn zu erreichen. Es tut weh, zu sehen, wenn ein Mensch so einknickt. Es tut weh, wenn man selbst so einer ist.
Und wenn andere spüren, wie leicht einer klein zu machen ist und genau in diese Kerbe hauen, das hat etwas Boshaftes, etwas Diabolisches.
Gut, dass das bei Gott ganz anders ist. Gott knickt die Kleinen und Labilen nicht. Er ist eben nicht diabolisch. Er richtet sie auf. So erzählt es jedenfalls Maria. Eigentlich erzählt sie es nicht. Sie singt es. In einem Lied von und für Gott. Und sie selbst kommt auch darin vor. An dieses Lied der Maria wird heute in den evangelischen Kirchen erinnert.
Meine Seele erhöht den Herrn, und mein Geist freut sich über Gott, meinen Befreier; denn er mich angesehen als ich unten war. Und er hat Großes an mir getan.
Selbstbewusst, aufrecht und mutig klingt das, beinahe aufreizend selbstbewusst. Woher hat sie das auf einmal? In die Wiege gelegt war ihr das nicht. Sie singt es im Lied selber: Sie ist ein Mädchen vom Land. Eine niedere Magd. Geboren für ein unscheinbares Leben. Klein und arm. Prädestiniert zum einknicken vor den Überlegenen, den Lauten, denen die sich besser verkaufen, den Großen. Aber dann hat Gott Großes an ihr getan, singt sie. Und sie singt das nicht für sich allein. Es ist nicht so, dass sie halt Glück gehabt hätte, wie Aschenputtel. Was Maria von Gott erfahren hat, das betrifft alle Einfachen im Land, alle Ängstlichen, alle Labilen.
Es tut mir in der Seele gut, dass Gott auf der Seite derer ist, die leicht einzuknicken sind. Gott ist auf ihrer Seite, damit es nicht so leicht passiert. Damit wir die Angst vor den Überlegenen verlieren, ihnen offen ins Gesicht schauen, uns nicht vor ihnen ducken. Dass wir nicht in unser Schneckenhaus verschwinden und wenn doch, dass wir bald wieder herauskommen.

“Meine Seele erhöht den Herrn, mein Geist freut sich über Gott, meinen Befreier”
singt Maria. Genau wie ihr tut es mir in der Seele gut, dass Gott nicht knickt, sondern aufrichtet. https://www.kirche-im-swr.de/?m=5092
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