Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Neulich habe ich ein neues Wort gelernt: „Heckerisch“. Wissen Sie, was das ist?
Heckerisch bedeutet so viel wie rebellisch, aufrührerisch, kämpferisch. Das Wort erinnert an den badischen Revolutionär Friedrich Hecker, der 1848 für Freiheit und Demokratie gekämpft hat. In der Nähe von Waghäusel bei Karlsruhe hat er eine entscheidende Schlacht geschlagen und verloren. Dort gibt es ein Hecker-Denkmal und ein alter Lehrer hat mir erklärt, dass man heute noch in der Gegend zu rebellischen jungen Leuten sagt: „Sei doch nicht so heckerisch!“
Ich verstehe, dass Ältere gern so reden. Ich habe es auch lieber ruhig und gelassen. Und ich habe keine Lust, etwas zu ändern und mich an Neues zu gewöhnen. Das ist unbe-quem und deshalb unbeliebt. Ich glaube, nicht nur mir geht das so. Bequemlichkeit und Selbstzufriedenheit stehen denen im Weg, die etwas Anderes, etwas Neues probieren wollen, weil es ja vielleicht besser ist.
Aber die, die wollen, dass alles so bleibt, wie es immer war, die sehen oft nur ihre eige-nen Interessen. Und manchmal merken sie gar nicht mehr, dass es eigentlich nicht so bleiben kann, was sich da über Jahre entwickelt hat. Da muss es dann erst einen ordent-lichen Krach geben, damit sich was ändert. Da muss erst einer heckerisch werden, damit sich was bewegt.
Sogar Jesus, der immer verständnisvoll war und den anscheinend nichts aus der Ruhe bringen konnte, ist heckerisch gewesen, erzählt die Bibel. Im Tempel in Jerusalem hatten sich Zustände entwickelt, die er unerträglich fand. Statt Andacht und Gebet gab es dort Geschäftemacher und Händler. Die Pilger aus fernen Ländern konnten Geld wechseln und Tauben, Ziegen und Schafe kaufen, damit sie ihre religiösen Pflichten erfüllen konnten. Ich stelle mir vor, was für ein Lärm und Dreck das dort in den heiligen Hallen gewesen sein muss. „Räuberhöhle!“ hat Jesus gesagt. Und offensichtlich damals gemerkt: in aller Ruhe und mit Bitten und Vorschlägen wird sich hier nichts ändern. Die Händler hier wer-den ihre Position ganz bestimmt nicht aufgeben. Das hat Jesus wütend gemacht. Und mit einer Peitsche, die er aus ein paar Stricken zusammengedreht hat, hat er sie alle verjagt.
Sicher hat das auf die Dauer nicht geholfen. Wahrscheinlich waren sie am nächsten Tag wieder da. Aber sein Wort „Räuberhöhle!“, das sitzt - bis heute. Und ist und bleibt eine Anfrage an alle, die in der Kirche verantwortlich sind.
Ein bisschen rebellisch, ein bisschen heckerisch muss man wohl manchmal sein, wenn man etwas erreichen will. Auf dem Hecker-Denkmal in Waghäusel steht immerhin auch: „Den Männern und Frauen, die der Demokratie den Weg bereitet haben.“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=4477
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