Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Ich bringe die Dinge gern schnell in Ordnung. Unaufgeräumtes und Unerledigtes macht mich ganz unruhig. Reisevorbereitungen genauso wie das Gespräch mit dem Kollegen, mit dem es nicht so klappt. Bloß nichts auf die lange Bank schieben, hat mir meine Mut-ter beigebracht, „was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“. Viel-leicht liegt es daran. Jedenfalls kann ich es nicht gut aushalten, wenn nicht klar ist, was man tun kann. Abwarten, das fällt mir schwer. „Man muss doch irgendwas machen“, sa-ge ich dann und manchmal mache ich mich und andere damit ganz verrückt. „Man kann das doch nicht einfach so lassen!“
Es ist ja wahr: manches bleibt einfach aus Bequemlichkeit liegen und viele Chancen blei-ben ungenutzt, weil sich keiner zuständig gefühlt hat. Aber manchmal ist ja wirklich nicht gleich zu sehen, was man tun kann. Dann macht, wer „irgendwas“ macht, weil man doch irgendwas machen muss, womöglich genau das Verkehrte.
Aber ich kann das Warten doch so schlecht aushalten, die Zeiten der Unklarheit und der Unsicherheit!
In so einer Situation hat mich neulich jemand an Jesaja erinnert, den Propheten. Der hat mit seinen israelitischen Landsleuten schwere Zeiten erlebt. Von einer Großmacht be-droht wusste das kleine Volk Israel nicht, wie man sich verteidigen könnte. Aber irgend-was musste man doch tun! Also suchten sie sich einen Verbündeten, damals die Ägypter, sozusagen den Erbfeind. Jesaja, der Gottesmann hat davor gewarnt. Wartet doch ab, war sein Rat: „Durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein.“ (Jes 30, 15) Gott lässt euch nicht im Stich, er wird eine Lösung für euer Problem zeigen. Aber die Leute wollten nicht auf ihn hören. Sie konnten nicht abwarten. Und die Sache ging schief. Man hatte auf die falschen Freunde gesetzt, die Konsequenzen der Fehlentscheidung waren schlimm. Wer irgendwas macht, macht leicht genau das Verkehrte.
„Durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein!“ Dieser Rat Jesajas im Namen Gottes erinnert mich: Nicht immer heißt abwarten etwas auf die lange Bank schieben. Manchmal braucht es einfach Zeit, bis eine Entscheidung reif ist. Gerade in den Zeiten der Unklar-heit ist vielleicht Gott am Werk und irgendwann zeigt sich eine Lösung, mit der ich gar nicht gerechnet hatte. Wenn ich es so sehe, fällt mir das still sein und abwarten ein biss-chen leichter.
Wenn wieder mal nicht klar ist, wie es weitergehen soll, will ich versuchen, zu warten. Und zu hoffen, dass Gott mir eine Lösung zeigen wird. Damit wirklich in Ordnung kommt, was ich bloß irgendwie aus dem Weg räumen wollte.
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