SWR1 3vor8

19MAI2024
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Mit der Wahrheit ist es so eine Sache. Es ist gut, wenn wir sie suchen; aber kaum möglich, sie ganz zu finden. Als Menschen bleiben wir immer hinter dem zurück, was wir erreichen wollen. Einen Moment lang glauben wir zu wissen, was wahr ist, und schon im nächsten hat jemand etwas Neues entdeckt, dass eine Frage besser erklärt. Trotzdem ist es gut, nach der Wahrheit zu streben, also wissen zu wollen, was stimmt, was richtig ist. Das gilt ganz besonders in Zeiten, wo Tatsachen verdreht und Dinge für wahr hingestellt werden, die nicht der Wahrheit entsprechen.

Der Klimawandel, den wir erleben zum Beispiel, der ist eben auch von uns Menschen gemacht. Darüber sind sich alle ernstzunehmenden Fachleute einig. Wer das leugnet, täuscht andere und verhindert, dass wir die Maßnahmen ergreifen, die dringend nötig sind. Wer sich dieser Wahrheit verweigert, schaut zu, wie unsere Erde weiter zerstört wird. Und er nimmt in Kauf, dass wieder einmal die Reichen gewinnen und die Armen darunter leiden.

Und um auch noch ein Beispiel aus dem Bereich der katholischen Kirche zu nennen. Wer darauf beharrt, dass die Kirche kein Recht habe, Frauen zu Priesterinnen zu weihen, weil Jesus ein Mann gewesen ist, kann in meinen Augen nicht behaupten, dass das die ganze Wahrheit ist. Ich habe jedenfalls in meinem Studium bei ernstzunehmenden Wissenschaftlern gelernt, dass Biologie nicht alles ist, wenn es um religiöse Wahrheiten geht. Gott hat den Menschen nach seinem Bild geschaffen, weiblich und männlich, ganz gleich. Jesus hatte unter seinen Jüngern etliche Frauen, denen er Verantwortung gegeben hatte. Das sind für mich schwerwiegende Fakten, die ich nicht ignorieren kann.

Und dann gibt es da noch etwas. Etwas, das wichtiger sein könnte als alles andere. Den Geist Gottes. Heute an Pfingsten erinnert die Christenheit daran, dass es diesen Geist gibt. Er wird im Johannesevangelium wie folgt charakterisiert: Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganzen Wahrheit leiten.[1] Dafür also ist Gottes Geist in erster Linie verantwortlich: Er hilft mir, die Wahrheit zu finden. So gut wie möglich. Vorausgesetzt, dass ich mich diesem Geist öffne. Wie ich das tue? Indem ich mich an die Weisungen Jesu halte; mich von seinem Geist inspirieren lasse.

Es ist wahr, dass nach Gottes Gesetz die Welt allen Menschen darauf in gleichem Maß gehört; also muss ich teilen. Es ist wahr, dass Jesus Barrieren abbauen wollte, um mehr Gemeinsames zu entdecken, weniger, was uns trennt. An solche Wahrheiten erinnert mich Gottes Geist. Nicht nur an Pfingsten.

 

[1] Johannes 16,13a

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39879
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