SWR Kultur Wort zum Tag

27APR2024
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„Ob Sonnenschein, ob Sterngefunkel, im Tunnel ist es immer Dunkel“. Das ist eines der großartigen Epigramme von Erich Kästner, der ja die Gabe hatte, komplexe Dinge in einen kurzen, pointierten Satz zu packen. Das Gedicht hier heißt: Die Grenzen der Aufklärung.

Für mich drückt dieser kleine Text wunderschön aus, dass es immer wichtig ist den Kopf zu heben, sich selber zu prüfen und sich umzuschauen. Eben den Tunnelblick aufzugeben. Ich versuche das immer wieder. Denn ich ertappe mich oft dabei, dass ich mich in einem Tunnel befinde. Das kann eine berufliche Aufgabe sein, die mich alles um mich herum vergessen lässt. Oder es kann ein Gefühl sein, wenn ich beispielsweise sauer oder gar wütend auf jemanden bin. Oder wenn ich verliebt bin, oder aber auch, wenn ich Angst habe. Ich bin auch in Glaubensfragen schon in einem Tunnel gelandet und habe mich in rigorosen Meinungen verbissen.

Oft werde ich meinen eigenen Vorstellungen von mir selbst und meinem eigenen Anspruch nicht gerecht. Auch da rutsche ich leicht in einen Tunnel, der meinen Blick verengt und alles um mich herum dunkel oder besser gesagt unsichtbar werden lässt. Da hilft mir all meine schöne akademische Bildung nicht, wenn ich mich in einem Tunnel verrenne, bin ich wie in einem Rausch, der mich ganz und gar vereinnahmt.

Weil ich mich mittlerweile kenne, habe ich mir angewöhnt immer wieder innezuhalten und mich selber zu beobachten. In gewisser Weise mache ich einfach eine Pause. Egal, wie groß der Termindruck ist, egal, wie stark das Gefühl, egal, wie groß die Erwartungen. Ich mache mir bewusst, dass mein Leben nicht nur aus dieser einen Sache besteht. Dass es vielfältiger ist. Wenn mir etwas nicht gelingt, schaue ich auf andere Dinge, die mir gelingen. Wenn ich mit jemandem ein Problem habe, denke ich an andere Situationen mit der gleichen Person, in der es anders war. Das hilft mir gut, mich selbst, meinen eigenen Zustand und meine Stimmungen einzuordnen und zu sortieren. Ich meine, es holt mich aus dem Tunnel raus. Und irgendwo da draußen, um mit Kästner zu sprechen, funkelt es oder scheint die Sonne.

Als ich das einmal einem Freund erzählt habe, meinte er, ich würde mir damit mein Leben schönreden. Und das wäre auch so etwas wie ein Tunnel. Nur in eine andere Richtung. Den Vorwurf kann ich nicht ganz ausräumen, vielleicht ist da manchmal was dran. Wir haben uns dann darauf geeinigt, dass es nicht so leicht ist aus dem Tunnel zu kommen, wie ich es behauptet habe. Aber dass es wichtig ist, zumindest das Licht anzuschalten, um zu erkennen, dass ich mich in einem Tunnel befinde.

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