SWR4 Abendgedanken

02MAI2024
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Als Kind habe ich Fahrradfahren gelernt. Und dabei ein ganz einfaches Prinzip verstanden: Auf das, was ich schaue, in diese Richtung bewege ich mich auch. Damals habe ich kapiert: Ich muss beim Fahrradfahren immer schön vor mich auf die Straße schauen. Dann fahre ich auch schön auf der Straße entlang. Wenn ich aber nach rechts oder links blicke und mir zu lange einen Baum ansehe, während ich fahre, dann lenke ich mein Fahrrad ganz unwillkürlich auch in Richtung Baum. Das kann daneben gehen. Und ich lande im Graben. Wohin ich schaue, dahin fahre ich auch.

Dieses einfache Prinzip finde ich heute überall in meinem Leben wieder: Was ich anschaue, das bestimmt meine Richtung. Es bestimmt mein Denken und es bestimmt mein Leben. Ich kann zum Beispiel immer auf das schauen, was andere Menschen mehr haben als ich: Mehr Geld vielleicht, das schönere Auto, die tolleren Reisen, das Haus, von dem ich immer geträumt habe. Oder ihre Kinder sind erfolgreicher und sie selbst sind gesünder als ich oder sehen besser aus.  Wenn ich zu lange in diese Richtung schaue, dann werde ich unwillkürlich neidisch.

Oder eine andere Möglichkeit: Ich blicke ständig in den Spiegel und frage mich: Sehe ich gut aus? Habe ich das Beste aus meinem Körper gemacht? Wirke ich noch jugendlich und attraktiv? Oh wehe, wenn die ersten Falten kommen, der Bauch hängt und das Alter seine Spuren hinterlässt. Dann werde ich unglücklich über mich selbst. 

Als Christ habe ich zum Glück noch eine ganz andere, dritte Möglichkeit. Ich kann auf Gott schauen. Der Beter des Psalms 34 sagt: „Wer auf Gott schaut, strahlt vor Freude“ (Ps.34,6) Wenn ich auf Gott schaue, dann sehe ich, wie er mich sieht: Ich erkenne, dass er mich geschaffen hat, so wie ich bin, mit allen Ecken und Kanten und Falten und Runzeln. Ich sehe, dass er mich auch so liebt, wie ich bin. Ich verstehe, dass er mir alles gibt, was ich zum Leben brauche. Wenn ich auf Gott schaue, verschwindet die Unzufriedenheit, und der Neid und die Selbstzweifel. Ich bin dankbar für das, was ich habe und freue mich über mein Leben.

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