Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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22APR2024
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Ich habe einmal eine Fahrradtour die Donau entlang gemacht. Und wie ich so vor mich hinfahre, da ist sie auf einmal einfach weg. Die Donau. Zumindest an den meisten Tage im Jahr. Nach ihren ersten Kilometern als kleiner Fluss verschwindet die Donau plötzlich im Boden – nur um über 10 km später wieder aufzutauchen. Von diesem Phänomen – der Donauversickerung – bin ich seitdem fasziniert. Die Donau versickert, weil der Untergrund voll von kleinen Rissen und Klüften ist. Und es ist noch gar nicht so lange her, dass man rausgefunden hat, dass nicht alles Wasser der Donau später wieder als Donau weiterfließt, sondern ein Teil des Wassers im Aachtopf wieder auftaucht und in den Rhein fließt. Ich finde das Phänomen richtig faszinierend, weil ich es verrückt finde, dass so ein Fluss einfach verschwindet und wieder auftaucht.

Mit meinem Glauben war es ein bisschen wie mit der Donau. Als junger Erwachsener – mitten im Studium war es so, als wäre mein Glaube einfach im Boden versickert. Das war anders als bei der Donauversickerung weniger faszinierend, sondern sehr, sehr belastend. Der Glaube hatte seit der Kindheit mein Leben mitbestimmt – und auf einmal begann er zu versickern und ich konnte es nicht aufhalten. Eine Zeit lang war es so, als wäre er einfach weg mein Glaube. Es hat gedauert, bis er langsam wieder aufgetaucht ist – und das ist dann doch so faszinierend, wie die Donauversickerung. Denn es gab keinen äußeren Grund, kein plötzliches Erlebnis, dass meinen Glauben zurückbrachte. Eher so ein langsames Wiederauftauchen. Wie ein kleines Rinnsal, das schließlich langsam wieder zu einem kleinen Strom wurde.

Seitdem steigt und sinkt der Wasserstand meines Glaubensflusses auch immer mal wieder. Versickert, wie damals, ist er nicht mehr. Aber mich lässt meine Erfahrung und das Bild der Donauversickerung entspannter auf den Glauben schauen: Nicht immer, wenn er gerade nicht greifbar oder sichtbar ist, ist der Glaube weg. Und nach längeren Durststrecken folgen auch wieder Zeiten, in denen der Fluss wieder kräftiger wird. Manchmal ist es auch wie beim Aachtopf: da kommt der Glaube wie die Donau an einer ganz anderen Stelle wieder raus und fließt dann weiter. Egal wo – er führt mich weiter mein Glaube, er fasziniert und beschäftigt mich. Wie die Donauversickerung eben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39754
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