SWR1 3vor8

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14APR2024
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Am liebsten möchte man ihn weglassen, den Bibeltext, der heute in der katholischen Liturgie vorgesehen ist. Er ist wie ein Wespennest, in das man hineinsticht, und dann am besten das Weite sucht, um der Gefahr aus dem Weg zu gehen. Dort heißt es, dass Petrus zum Volk, also zu den anwesenden Juden, das Folgende gesagt hat:

Der Gott Abrahams, Ísaaks und Jakobs, der Gott unserer Väter, hat seinen Knecht Jesus verherrlicht, den ihr ausgeliefert und vor Pilatus verleugnet habt …[1] Petrus attackiert hier scharf seine eigenen Leute, seine Herkunft, von der er sich nun deutlich distanziert. Er wirft ihnen vor: Ihr seid schuld, dass Jesus tot ist. Ihr habt es so weit kommen lassen. Ihr seid – nein, das sagt er nicht, aber das wird man auch wegen dieser Bibelstelle später den Juden vorwerfen – ihr seid die Gottesmörder! Zwar mussten das Töten damals die Römer übernehmen, weil sie als Besatzer die Gerichtsbarkeit hatten. Aber Schuld daran waren eben die Juden. Wie häufig geht man mit seinen eigenen Leuten am härtesten ins Gericht. Petrus ist dafür ein gutes Beispiel. Er ist selbst Jude, jetzt aber auf dem neuen Weg unterwegs. Und der grenzt sich strikt gegenüber dem ab, was vorher war. Deshalb überzieht Petrus, wenn er sagt: Den Urheber des Lebens habt ihr getötet, aber Gott hat ihn von den Toten auferweckt[2]. Das hatte furchtbaren Konsequenzen, die er zwar nicht vorhersehen konnte, aber die trotzdem bis heute wirken und eine Spur des Grauens mit sich ziehen. Menschen jüdischen Glaubens wurden und werden angefeindet, ausgegrenzt, beleidigt und in ihrer Existenz bedroht. Obwohl viele, die das tun, gar nicht gläubig sind, geschweige denn über diese religiösen Feinheiten Bescheid wissen, liegt eine Wurzel eben hier. Dass die Christen sich so schroff gegen die Juden abgegrenzt haben. Und ich als Christ trage heute Verantwortung, dass die lange Tradition der christlich motivierten Judenfeindschaft aufhört. Zumal das Judentum eine meiner Wurzeln ist. Woran Petrus ja keinen Zweifel lässt, wenn er sagt: Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs ist der Gott unserer Väter. Ja, das sind die Juden, Mütter und Väter im Glauben. Und Jesus ist ein Sohn meiner jüdischen Herkunftsfamilie.

Viele werden es nicht wahrnehmen, wenn sie heute den Bibeltext hören. Aber dieser Text ist gefährlich. Er kann missverstanden und missbraucht werden. Er muss gedeutet und klug interpretiert werden. Damit er nicht noch mehr Unheil anrichtet.

 

[1] Apostelgeschichte 3,13

[2] Apostelgeschichte 3,15

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