SWR3 Gedanken

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11APR2024
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Es war vor über 20 Jahren, am Ende einer intensiven Ausbildungswoche. Am letzten gemeinsamen Abend sitzen wir nochmal zusammen, erzählen, feiern ein bisschen. Aber unser Ausbilder entschuldigt sich, sagt ab. Seine Begründung: Er sei müde, fühle sich nicht gut, und dann wörtlich: „So wie ich drauf bin, will ich mich euch nicht zumuten.“ An den Satz erinnere ich mich noch heute. Für mich ist er seitdem ein Beispiel, wie ich Anderen mit Respekt begegnen kann. Sicher, mancher, der schlecht drauf ist, braucht einfach Hilfe. Einen Menschen etwa, der ihm zuhört. Aber wie oft erlebe ich auch, dass mir Leute ihre miese Laune einfach vor die Füße kippen. Schimpfen, maulen, an allem rummäkeln. Irgendwelche Gründe gibt’s ja immer. Vielleicht hat einer mies geschlafen oder sich kurz vorher mit seiner Freundin gefetzt. Aber muss er mich dann ungefragt damit behelligen? Und wahrscheinlich passiert mir das selbst auch hin und wieder. Dass ich nur schwer zu ertragen bin für andere.

Meinen Nächsten wertschätzen, ihm oder ihr was Gutes tun. Das heißt nicht nur, dem anderen meine Hilfe anzubieten. Manchmal kann es eben auch bedeuten, mich, sobald es geht, bewusst zurückzuziehen. Mich anderen Menschen gerade nicht zuzumuten. Und wenn ich das dann auch noch so nett und transparent erklären kann wie unser Ausbilder damals, dann wird mir das sicher auch keiner krummnehmen.

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