Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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03APR2024
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Ab der kommenden Woche fahre ich ein E-Auto. Vollelektrisch und mit Strom von meinem Hausdach, wenn die Sonne scheint. Das ist ein gutes Gefühl, auf das ich mich schon seit einer Weile freue. Klar, dass ich im Vorfeld immer wieder mit anderen gesprochen habe, die schon so ein E-Auto fahren. Was das für ein Fahrgefühl ist, welche Erfahrungen sie damit gemacht haben. Alle sagen, das sei schon eine Umstellung. Und manche erzählen mir von einem Phänomen, das typisch fürs elektrische Autofahren sei. Es heißt: „Reichweitenangst“. Damit ist gemeint, dass man mit einem E-Auto nicht so weit kommt, wie mit einem Benziner oder Diesel und es nicht überall eine Ladesäule gibt, um den Speicher wieder aufzufüllen. Man muss deshalb eine weite Reise genau planen, um unterwegs nicht liegen zu bleiben. Werde ich das gut hinkriegen?

Übertrieben ängstlich bin ich eigentlich nicht. Aber ich behalte schon gerne die Kontrolle und mache Pläne, damit ich ohne größere Probleme durch den Alltag komme. Von den Nudeln, die ich bevorrate und der Menge an Sprudel und Saft könnte eine Familie gut und gerne einen Monat lang leben. Manchmal frage ich mich deshalb, ob mein Vertrauen groß genug ist, ob ich mich im Gleichgewicht befinde. In einer Balance zwischen dem, wo es klug ist loszulassen, und dem anderen, wo es besser ist festzuhalten. Dabei geht es nicht nur um den Vorrat an Lebensmitteln, sondern auch darum, ob ich bei jedem Wehwehchen gleich ans Schlimmste denke. Ob ich es mir erlaube, mein Leben zu genießen neben dem, was Arbeit ist. Es geht auch um die große Angst vor dem Tod. Ich glaube, diese Balance ist wichtig, damit es mir gut geht, um nicht allzu unbekümmert in den Tag hinein zu leben, aber auch nicht von Sorgen aufgefressen zu werden. Wo muss ich mich kümmern, wo lasse ich etwas auf mich zukommen? Oft steht eine Angst ja eher unbewusst im Raum. Ich werde nicht verhungern, kann Nudeln nachkaufen. Ich bin auch was wert, wenn ich keine 100% abliefere.

Der Speicher in meinem neuen Auto soll mindestens für 400 Kilometer reichen. Mal sehen, ob stimmt, was der Hersteller behauptet. Damit werde ich in der ersten Zeit meine Erfahrungen sammeln. Auch mal austesten, wie weit ich komme, ohne dass ich allzu nervös auf dem Fahrersitz werde. Und dann bestimmt auch lächeln - über die sprichwörtliche „Reichweitenangst“.

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