Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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02APR2024
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Es gibt Dinge, die kann man nur schlecht erzählen. Die muss man eigentlich erleben. Ostern ist so etwas.  Deshalb möchte ich Ihnen von einigen Leuten berichten, die beschlossen hatten, die Ostergeschichte der Bibel als kleines Theaterstück nachzuspielen. Alle sind ehrenamtlich in ihrer Gemeinde engagiert und treffen sich in einem Raum im Pfarrheim.

Ganz ohne Drehbuch und Regieanweisungen und auch ohne Kulissen. Zunächst einmal wird das Grab gebraucht, in das man den toten Jesus gelegt hat.  Zwei Leute spielen die Höhlenwände, zwei die Türpfosten am Eingang. Dann werden Engel gebraucht, die von der Auferstehung erzählen.  Und einer, ganz wichtig, ist der Stein, der das Grab verschließt. Den toten Jesus will keiner spielen, der fehlt also. Dann gibt es noch die Frauen, die am Ostermorgen zum Grab kommen um den Leichnam zu salben. So erzählt es die Bibel.  Das Spiel geht los. Die Frauen draußen beginnen zu weinen, aus Trauer und vor Verzweiflung, weil sie nicht wissen, wie sie ins Grab kommen sollen. Denn der Stein ist im Weg. Die Spieler warten. Nichts geschieht. Einer der Engel im Grab wird ungeduldig. Er will die Frauen trösten, aber er kommt nicht raus, der Stein weigert sich, den Weg frei zu geben. Er bleibt sprichwörtlich „hart wie Stein“. Da hat der Engel eine Idee. Er schaut den Stein an und beginnt ganz vorsichtig, seine Hände zu streicheln. Mit dieser  Geste hat der Stein nicht gerechnet. Er wird unsicher. Eigentlich spielt er ja keine Rolle in dem Stück. Er hatte sich gedacht: das ist einfach, ich bin einfach nur da, brauche nichts zu tun, ich werde nur weggeschoben. Und jetzt kommt da jemand und streichelt mir die Hand. Der Stein schaut sich um und sieht die Frauen vor dem Grab, die nichts tun können. Und er steht hier und bekommt die Hände gestreichelt.  Er atmet tief ein, dreht sich um und geht auf die Frauen  zu. Und da ist es passiert. Da steht das Grab hinter ihm offen. Ja, so kann man Ostern erleben, Ostern im Kleinen. Wenn einer ganz einfach meine Hand nimmt und es gut mit mir meint. So einfach das klingt, so schwer ist das ja oft in der Praxis. Da können zentnerschwere Steine vom Herzen fallen, da können Dinge, die mich niederdrücken, weggewälzt werden, so dass ich wieder aufstehen und leben kann. Ganz so, wie es die Ostergeschichte der Bibel erzählt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39629
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