SWR2 Wort zum Tag

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25MRZ2024
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Ein Montag wie jeder andere ist das nicht. Wir stehen am Beginn der Karwoche, und das altdeutsche Wort kara bedeutet Kummer und Trauer.  Seit frühester Zeit war es in Jerusalem üblich, die letzten Wege Jesu Jahr für Jahr nachzugehen und sich besonders mit seiner Leidensgeschichte zu verbinden: Nachfolge wortwörtlich. So entstand eine ganze Heilige Woche mit Prozessionen und Gebeten. Man wollte Jesus nahe sein. Man orientierte sich dabei an Heiligen Stätten und an biblischen Schriften. Demnach hat gestern die entscheidende Woche begonnen: Jesus kommt vom galiläischen Land, über das heute so umstrittene Westjordanland, hinauf nach Jerusalem. Dort zieht er ein wie ein König, umjubelt von seiner kleinen Anhängerschaft, aus ganz Jerusalem freilich ist niemand dabei. Also richtig willkommen ist er eindeutig nicht, zu unbequem seine Botschaft von der Gottes- und Feindesliebe, von Empathie und Solidarität mit allen, die einem über den Weg laufen. Schon lässt sich ahnen, dieser Einzug Jesu endet tödlich. Ich muss dabei an Nawalny denken und so viele, die friedfertig ihre Haut zu Markte tragen und sich für eine gerechtere Gesellschaft verausgaben. Der Einzug nach Jerusalem damals wird zum Kreuzweg, das österliche Gelingen geht über den Karfreitag der Trauer und der Tränen.  Gestern also hat die Karwoche begonnen, heute, am Montag, die nächsten Schritte auf dem Weg dahin.

Warum das alles, frage ich mich? Geht es nicht konfliktfreier und gewaltloser, ohne Leid und Kreuz? Warum diese Leidensgeschichte? Und dann noch im Namen Gottes?  Könnte der den schrecklichen Spuk nicht beenden und alles in Ordnung bringen? Fragen über Fragen! E i n e  Antwort darauf ist aber jetzt schon klar: theoretisch ginge es ohne das Kreuz, denn Gott ist kein Quälgeist oder Blutsauger. Aber leider, leider sind die Verhältnisse seit Kain und Abel so wie sie sind, nämlich egoistisch und gewaltförmig. Wenn da einer so voller Güte und Fantasie ist wie dieser Jesus, wird er verhaltensauffällig. Er bringt ja ans Licht, wie es eigentlich sein könnte und sein sollte - und das gibt mörderisch Ärger. Aber es ist der einzige Weg zum Frieden inmitten all der Gewalt. Und den gehen wir Christenmenschen in der Karwoche mit, aus Überzeugung.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39595
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