Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
Wenn manche Leute den ganzen Tag am Schreibtisch gesessen sind, dann befällt sie irgendwann so ein Kribbeln: der unwiderstehliche Drang, sich zu bewegen. Mich – nicht. Frischluft tanken, das Hirn lüften, den Kopf frei kriegen und wie das alles heißt: Spür ich nicht, brauch ich nicht, mich drängt da gar nichts.
Deshalb hatte ich mir für die Fastenzeit in diesem Jahr vorgenommen, sieben Wochen lang jeden Tag eine halbe Stunde spazieren zu gehen. Sieben Wochen ohne die üblichen Ausreden, mit denen ich mich normalerweise davor drücke. Und damit ich mich auch vor diesem Fastenprojekt nicht still und heimlich drücke, habe ich mein Vorhaben auf Facebook veröffentlicht. In etwa so: Ich bin grundsätzlich bewegungsfaul. Ohne Probleme kann ich abends vom Schreibtischstuhl direkt aufs Sofa wechseln. Nach dreizehn Jahren Schulsport habe ich bis heute erfolgreich jede freiwillige sportliche Betätigung vermieden. Auch kürzere Strecken lege ich gern mit dem Auto zurück. Zu einem Spaziergang überredet mich höchstens einmal die Vernunft, nie lockt das Herz. Bewegung macht mich einfach nicht an.
Von den Reaktionen auf dieses Geständnis war ich dann ziemlich überrascht. Erstaunlich viele haben in den Kommentaren geschrieben, dass es ihnen genau so geht. Auch Leute, die ich durchaus als sportlich eingeschätzt habe. So ist aus meinem einsamen Fastenprojekt eine Gemeinschaftsaktion geworden. Ich habe mich mit anderen zu Spaziergängen verabredet. Dabei neue Wege entdeckt, sogar ganz in der Nähe. Bin auch mal im Regen rumgelaufen. Jeden Tag eine halbe Stunde. Durchgehalten habe ich es aber trotzdem nicht. Nach einem starken Auftakt und ungefähr zwei Wochen mit regelmäßigen Bewegungseinheiten hat die Motivation wieder nachgelassen. Trotzdem sehe ich mein Fastenprojekt nicht als gescheitert an. Von der Einstellung „ganz oder gar nicht“ habe ich mich verabschiedet. Denn was ich viele Jahre nicht ein trainiert habe, lässt sich nicht in ein paar Wochen komplett umkrempeln. Aber ich habe schon die nächste Verabredung zum Spazierengehen – nach meiner Fastenaktion. Es geht also weiter, und ich werde dranbleiben an mehr Bewegung. Das Jahr ist ja noch jung.
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