SWR3 Gedanken

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27MRZ2024
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Sie werden ernsthaft bedroht, dabei sie sehen so würdevoll aus.

Ich meine Rebecca und Elias. Die beiden Geschwister leben irgendwo in Deutschland und sind weit über achtzig. Rebecca ist eine feine Dame. Ganz in schwarz, mit knallig rot geschminkten Lippen und einer schönen Perlenkette um den Hals. Elias ist einfacher gekleidet. Als er sich setzt, legt er seine schwarze Schildkappe ab. Drunter kommt eine Kippa zum Vorschein. So ein rundes Käppchen, das jüdische Männer tragen.

Ich treffe Elias und Rebecca bei der Geburtstagsfeier einer alten Freundin. Und ich frage mich sofort: Warum habe ich eigentlich so viele Jahre keine jüdischen Männer und Frauen getroffen? Jetzt genieße ich, dass ich die beiden kennenlerne.

Wir sprechen eine Weile über Familie, und dann aber auch über Politik und Religion. Alles Mögliche diskutieren wir und ich bemerke: Die beiden sind so wach und interessiert! Dann erzählen Elias und Rebecca etwas Schreckliches. Sie erzählen von einer abscheulichen Drohung, die sie bekommen haben. Das Ganze war anonym und so widerlich, wie man es sich kaum vorstellen kann. Noch nie sind Rebecca und Elias in ihrem langen Leben so bedroht worden. Aber jetzt. Die Schamgrenze sinkt, die Rechten heizen die Stimmung im Land immer mehr an.

Rebecca sagt dazu: „Wir kennen das, dass wir uns bedroht fühlen. Dieses Gefühl begleitet uns schon immer! Auch unsere Kinder kennen das.“

Als die beiden das erzählen schweige ich lange. Und dann fragt jemand anderes aus der Runde: „Rebecca und Elias, was wünscht Ihr euch von uns?“

Elias schaut seine Schwester an, die beiden nicken sich kurz zu und dann seufzt Rebecca und sagt: „Wir sehnen uns eigentlich nur nach einem: nach Menschen, die uns beschützen und zu uns halten.“

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