SWR2 Wort zum Tag

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18MRZ2024
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Jesus ist ein sehr treuer Freund gewesen. Er hat sich – so lese ich die Bibel – noch nicht einmal von Judas distanziert. Einen solch treuen Freund wie Jesus wünscht sich wohl jeder Mensch. Doch manchmal kommt es für uns Sterbliche darauf an, sich auch von einer Freundschaft verabschieden zu können.

Wenn ich in dieser Passionszeit darüber nachdenke, was ich in meinem Leben bewahren und was lassen sollte, dann darf ich auch meine Freundschaften in diese Überlegungen mit einbeziehen. Womöglich letztlich zu der Entscheidung kommen, dass manche dieser Freundschaften ihre Zeit gehabt haben. Freundschaften waren mir alle einmal wichtig. Aber das ist keine Garantie auf lebenslange Dauer. Manchmal ist es so, dass wir Freunde das gemeinsame Gespräch vernachlässigt haben. Wir sind uns fremd geworden, die Freundschaft hat ihre Zeit gehabt. Das schmälert keineswegs den Wert der Zeit, die wir gemeinsam verbracht haben. Die kann wunderbar gewesen sein, und das möchte ich auch bewahren, das darf und kann in meiner Erinnerung bleiben. Doch zur Ehrlichkeit gehört, dass ich zugebe: Heute stimmt das Wort „Freundschaft“ nicht mehr.

Klar, man kann auch so tun, als ob sich nichts verändert hätte. Ich merke, dass mir das nicht guttut. Entweder offen kommuniziert oder als Entscheidung meines Herzens: Ich brauche Klarheit. Es fühlt sich falsch an, so zu tun als ob.

Leicht fällt eine solche Entscheidung meistens nicht. Sie will wohlüberlegt sein. Dabei kann mir dann Jesus - vielleicht überraschenderweise für einen so treuen Freund – durchaus helfen. Denn er empfiehlt seinen Jüngern, den Staub von den Füßen zu schütteln, wenn sie als seine Botschafter von Menschen abgelehnt werden. Staub abschütteln ist eine Zeichenhandlung. Es soll im neuen Lebensabschnitt nichts zurückbleiben, was verletzt, nicht einmal ein Staubkorn. Das finde ich hilfreich. Ich möchte friedlich Abschied nehmen von Freundschaften, die sich überlebt haben. Da soll kein Groll übrigbleiben, keine enttäuschten Erwartungen, keine Anrufe, die nur aus Pflichtgefühl geschehen und nicht aus Zuneigung und ehrlichem Interesse.

Für mich ist das eine wichtige Anregung in dieser Passionszeit – und eine große Herausforderung. Zu überlegen, welche Freundschaften ihre Zeit hatten. Wie auch immer ich das mit dem Staub abschütteln konkret gestalten mag.

Ich könnte anfangen, einen neuen Geburtstagskalender zu gestalten.

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