Anstöße sonn- und feiertags

Anstöße sonn- und feiertags

17MRZ2024
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Im Alten Testament gibt es eine ganz eigenwillige, auf den ersten Blick fast abstoßende Geschichte. Dort führt Gott seinen Propheten Ezechiel im Traum in eine weite Ebene. Über diese Ebene verstreut liegen lauter Totengebeine. Gott fragt den Ezechiel, ob er denn glaube, dass diese ausgetrockneten Gebeine wieder lebendig werden könnten? Und Ezechiel antwortet weise: „Herr und Gott, das weißt nur Du.“

Die toten Gebeine sind ein Bild für das zerschlagene Volk Israel, das zur Zeit des Propheten in der Verbannung lebt. Gott scheint seinen Propheten zu fragen: „Glaubst du daran, dass das Schicksal sich wenden kann, erhoffst du noch etwas?“ Ezechiel jedoch spielt den Ball ein zweites Mal zurück. „Es liegt an dir, ich lege es in deine Hand.“ Und Gott will, dass diese zerschlagenen Gebeine wieder lebendig werden. Ein Ruck geht durch die Szene, aus toten Gebeinen werden nach und nach Menschen aus Fleisch und Blut.

Der Künstler und Pfarrer Sieger Köder hat diese Vision in einem Buntglasfenster der Heilig-Geist-Kirche in Ellwangen dargestellt.

Dem Fenster hat er den Titel „Belebung“ gegeben. Diese Belebung hat er so gestaltet: Am unteren Rand sieht man den Propheten sitzen, wie er auf eine Schriftrolle schreibt: „Ich bringe Leben in Euch“.Wie durch einen gewaltigen Sog werden rechts und links von ihm Gebeine nach oben gezogen und wieder zu Skeletten zusammengefügt. Gefesselte Hände werden frei, wie im Zeitraffer werden nach und nach Gesichter und Körper sichtbar. Menschen aus Fleisch und Blut sitzen miteinander um einen Tisch, essen und trinken zusammen, sind sozusagen zurück im Leben.

Diese Geschichte beim Propheten Ezechiel mit den Totengebeinen wird oft auch als Vision für die Auferstehung gedeutet.

Für mich ist es auch ein Bild für die kleinen und großen Auferstehungen mitten im Tag, mitten im Jahr. Wenn ich mich ausgemergelt und wie tot fühle, wenn Trauer mich zerschlägt, ich erschöpft bin von Pflichten und Nöten oder entseelt durch allzu viel Alltagstrott – dann denke ich an dieses Fensterbild in der Kirche. Es ermutigt mich, dass auch wieder andere Zeiten kommen. Es lässt mich hoffen, dass auch das, was in mir wie versteinert ist, wieder lebendig wird. Und es entlastet mich, dass ich das alles nicht selbst schaffen muss. Dass da noch ein Anderer am Werk ist, der mir hilft, der mich belebt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39518
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