SWR2 Wort zum Tag

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02MRZ2024
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Jesus hat ein Gleichnis erzählt, das immer wieder für Empörung sorgt. „Das ist doch ungerecht!“, sagen die Leute. Jesus und ungerecht? Das passt doch irgendwie nicht!

Das vermeintlich ungerechte Gleichnis geht so: Ein Gutsherr geht auf Reisen und vertraut sein Geld drei seiner Diener an. Einem gibt er fünf, einem zwei und dem letzten ein Talent Silber. Das war damals ein Haufen Geld. Ein Talent entspricht ungefähr 60 Kilo Silber, heute wären das um die 25.000 Euro pro Talent.

Der erste Diener erwirtschaftet zu den fünf Talenten noch weitere fünf dazu. Auch der zweite kann das Kapital verdoppeln und macht aus zwei Talenten vier. Der Dritte scheut das Risiko. Er gräbt ein Loch und versteckt das Geld darin.

Nach seiner Reise kommt der Gutsherr zurück und will wissen, was mit seinem Geld geschehen ist. Voller Stolz präsentieren die ersten beiden Diener ihre 100 % Dividende und ernten reichlich Lob dafür. Der dritte Diener stammelt etwas kleinlaut: „Herr, ich wusste, dass du streng sein wirst, wenn das Geld weniger wird. Deshalb bin ich auf Nummer sicher gegangen und habe das Geld vergraben. Aber immerhin: Hier hat du alles unbeschadet wieder.“ Der Herr ist daraufhin stinksauer und sagt: „Du bist schlecht und faul. Ich nehme dir das Talent weg und gebe es dem ersten Diener, der am meisten erwirtschaftet hat.“

Puh, hört sich nach schlimmstem Kapitalismus an: Der am wenigsten bekommen hat, muss es auch noch an den Reichsten abgeben. Will Gott etwa, dass die berühmte Schere zwischen arm und reich noch größer wird? Eigentlich hat sich Jesus doch für das Gegenteil eingesetzt: die Schwachen stark machen.

Deshalb deute ich das Gleichnis so: Reichtum verpflichtet. Wer viel hat, der soll auch viel geben. Und das nicht nur in Bezug auf Geld, sondern auf viel mehr. Jesus wollte vielleicht damit sagen: Wenn du viele Fähigkeiten hast, dann ist das ein Hinweis darauf, dass Gott dir besonders viel zutraut: Gehe gewinnbringend mit allem um, was Gott dir gegeben hat und was du selbst in dir entwickeln durftest. Ob du ein Talent hast oder viele – setzte sie auf jeden Fall ein. Dann wird aus deinem Segen ein Segen für viele.

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