SWR2 Wort zum Tag

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22FEB2024
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Wer ist ein heutzutage ein Held? Wer beim Fußball einen entscheidenden Elfmeter hält. Ein LKW-Fahrer, der sein brennendes Fahrzeug noch durch den Tunnel fährt, damit da Feuer-Inferno ausbricht. So unlängst geschehen in Thüringen im Rennsteig-Tunnel.
Von Soldaten hieß es früher und heißt es wieder, sie seien Helden: Wenn sie bei einer Militäraktion besonders erfolgreich gewesen sind. Oder ihr Leben im Kampf für ihr Volk verloren haben. Helden mit Orden und staatlichen Auszeichnungen.

Für mich gibt es noch andere Helden. Oft sind es Heldinnen. Ich begegne ihnen auf dem Weg zum Bahnhof. Da komme ich nämlich am Kindergarten vorbei und denke: Was die Erzieherinnen da heute wieder leisten!
Jeder, der selber Kinder begleitet, weiß, wie anstrengend das ist.
Ich tue mich schon mit zwei kleinen Enkeln schwer, bin nach ein paar Stunden richtig erschöpft.
Und den Erzieherinnen in der KiTa und den Lehrern in der Schule gelingt das in großen Gruppen. Tagein, tagaus. Unfassbar!
Für mich sind sie wirklich Heldinnen und Helden des Alltags. Auch, weil sie oft Streit schlichten müssen. Denn Zoff gibt es unter Kindern und Jugendlichen genug.

In einer rabbinischen Schrift wird Rabbi Natan ein Wort zugeschrieben, das dieses Heldentum so auf den Punkt bringt. Es heißt da: „Wer ist ein Held? Der den Feind in einen Freund verwandelt.“*

Darum ging es auch Jesus, als er das Gebot „Liebet eure Feinde!“ (Mt 5,44) denen gab, die in seinem Namen unterwegs sind. Wie das geht? Die Feinde lieben? Aus Feinden Freunde machen? Ein einfaches Rezept gibt es dafür sicher nicht. Schon gar nicht für Soldaten, die zum Kriegsdienst gezwungen sind. Aber mir fällt eines auf: Verfeindungen beginnen häufig damit, dass man über Andere schlecht spricht. Über Nachbarn, Verwandte oder Kolleginnen und Kollegen. Ich ertappe mich selbst dabei:
Es gelingt mir immer wieder nicht, nur Gutes hervorzuheben – oder den Mund zu halten.

Ich spüre, wie das den Frieden in mir stört. Auch deswegen werden meine Gebete um Vergebung immer länger.
Es kommt darauf an, das Gute im Anderen zu sehen und auszusprechen.
Das gilt auch für verfeindete Völker. Auch und erst recht zwischen Völkern, die im Krieg gegeneinander sind. „Wer ist ein Held?“, fragt Rabbi Natan. Seine Antwort: „Der den Feind in einen Freund verwandelt.“* Es braucht auf dieser Welt zurzeit offenbar viele solche Heldinnen und Helden – in der Nähe und in der Ferne.

* Avot de Rabbi Natan (AdRN), 23

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