SWR4 Abendgedanken

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19FEB2024
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Die Fastenzeit hat begonnen. Die sieben Wochen zwischen Fasching und Ostern möchte ich nutzen und ganz bewusst auf etwas verzichten, dass ich sonst immer habe oder mache. Ich habe beschlossen, dieses Jahr Ungeduld zu fasten. Das klingt seltsam. Aber ich bin ziemlich ungeduldig. Bei mir muss es weitergehen mit einer Sache, oder eine Lösung muss her, wenn es irgendwo einmal klemmt. Ich bringe damit auch ganz schön viel voran. Aber ich bin eben auch ungeduldig mit anderen. Und manchmal will ich vor lauter Ungeduld auch etwas erzwingen. Und das stresst mich.

Denn oftmals kann ich ja gar nichts ändern. Wie beim Pflanzen der Blumenzwiebeln. Ich kann sie nur setzen, ich kann sie aber nicht zum Wachsen bringen. Ich muss lernen zu warten und das auch üben.

Auch im Wartezimmer beim Arzt. Es heißt ja nicht umsonst „Warte-Zimmer“. Auch, wenn ich einen festen Termin vereinbart habe, muss ich eben manchmal Geduld haben – weil der Patient vor mir mehr Zuwendung gebraucht hat, als ursprünglich geplant. Oder weil es unerwartet ein Problem oder sogar einen Notfall gegeben hat. Ich muss geduldig sein und warten. Auch wenn mir und anderen das schwerfällt. Aber es ist nun mal so.

Geduld war, ist und wird immer wichtig sein. Weil das Zusammenleben mit anderen Menschen und das Miteinander im Alltag nicht immer einfach ist. Und auch, wenn ich am liebsten immer alles gleich und jetzt erledigt hätte: Ich bin nun mal nicht allein auf der Welt.

In der Bibel, in einem Text vom Apostel Paulus heißt es: „Habt Geduld mit allen“. Paulus sagt also, dass ich nicht nur mit anderen geduldig sein soll, sondern auch mit mir selbst. Dann wird das Zusammenleben leichter, weil ich andere nicht unter Druck setze. Dann wird mein Alltag leichter, weil ich nicht immer alles gleich und sofort erledigen muss und weil ich kapiere, dass nicht alles immer in meiner Hand liegt.

„Habt Geduld mit allen“. Das alte biblische Motto ist mein Motto für die Fastenzeit. So faste ich dieses Jahr Ungeduld. Ich weiß, das wird für mich eine ganz schöne Geduldsprobe. Es wird mir sehr schwerfallen, nicht so schnell voranzukommen, wie sonst. Aber wenn er mir gelingt, dann habe ich nicht nur verzichtet, sondern auch ganz viel gewonnen. Nämlich an einem guten Miteinander, das geduldig viel schöner ist und auch an Zeit. Denn ich verschwende meine Zeit nicht länger damit, mich zu ärgern. Ich kann Blumenzwiebeln nun mal nicht zwingen, schneller zu wachsen. Manchmal sind beim Arzt andere vor mir dran. Manchmal tut es einfach gut, geduldig zu sein.

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