SWR1 3vor8

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25FEB2024
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In einem Hollywoodfilm wäre es der Regen. Der setzt immer dann ein, wenn es eigentlich nicht noch schlimmer werden kann und sich die Filmhelden in einer aussichtslosen Situation befinden.

Hier ist es kein Regen, sondern Schlangen. Das Volk Israel ist auf dem Weg zur Freiheit. Allerdings schon lange. Sehr lange. Jahrzehntelang, so erzählt es die Bibel, wandern sie schon durch die Wüste. Und die Stimmung kippt langsam. Das Essen will nicht mehr richtig schmecken, das Ziel ist nicht in Sicht, sie fühlen sich heimatlos. Und dann tauchen auch noch Schlangen auf. So richtig tödliche Schlangen. Auch das noch.

Schlangen sind heute nicht unser Problem. Allerdings kenne ich das „auch das noch“-Gefühl: Fast war der Weg durch die Pandemie geschafft, da kam der Krieg in der Ukraine. Gleichzeitig die Sorge um den Klimawandel. Dann der Konflikt im Nahen Osten. Erst kürzlich: Die Sorge um ein Erstarken rechtsextremer Kräfte. Und innerhalb der Kirche: Das Bewusstwerden darüber, wie viele Menschen von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Vieles ist bei uns anders. Aber auch ich habe, wie die Israeliten das Gefühl: nicht auch das noch.

Die Israeliten wenden sich angesichts der tödlichen Gefahr an Gott. Sie spüren, dass sie auf ihn geworfen sind. Dass er noch einmal eine ganz andere Möglichkeit ist. Gott präsentiert durch Mose Hilfe. Das erzählt der Bibeltext, über den heute in vielen evangelischen Kirchen gepredigt wird. Sie sollen ihren Blick von den Schlangen auf dem Boden lösen und nach oben schauen – Auf eine Schlange aus Bronze, die an einem langen Stab angebracht ist. Wer zu dieser Schlange aufschaut, bleibt gesund, auch wenn die Schlange gebissen hat. Eine kuriose Geschichte. Und fremd.

Was mir aber einleuchtet, ist das „den-Blick-Nach-Oben richten“. Das scheint mir auch heute eine heilsame Strategie. Denn wenn ich mit meinem Blick nur bei den unüberwindbaren Gefahren bleibe, dann verliere ich mich in den negativen Gedanken und der Hilflosigkeit. Und bin wie gebissen vom Hass, vom Gegeneinander und der Resignation. Ich glaube, wir können aus dem Gefühl, dass alles zu viel ist, nicht allein herauskommen. Das übersteigt unsere Möglichkeiten. Ich brauche den Blick nach oben. Zu Gott, dessen Sohn für unüberwindbare Liebe gestorben ist. Den der Hass nicht für immer kleingekriegt hat. Zu Gott, von dem gesagt wird, dass nichts von seiner Liebe trennen kann. Zu Gott, der diese Welt nicht vergessen hat, sondern in ihr Mensch geworden ist.  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39325
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