Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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05FEB2024
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Davidsterne, aufgemalt an den Haustüren jüdischer Mitbürger, tätliche Angriffe auf Männer, die eine Kippa tragen oder auf Hebräisch in ihr Handy sprechen, Schmierereien an den Wänden jüdischer Restaurants, Brandsätze, die auf Synagogen geworfen werden. Nur einige Beispiele für die antisemitischen Vorfälle, die Deutschland erschüttern. Rund 3000 Straftaten hat das Bundeskriminalamt im vergangenen Jahr verzeichnet. Und seit den Massakern der Hamas auf Israelis vom 7. Oktober und dem darauf folgenden Krieg in Gaza haben Hass und Gewalt noch zugenommen. Viele Juden bei uns haben Angst, ihre Kinder zur Schule oder in die Vereine zu schicken. Manche Familien überlegen, Deutschland zu verlassen.

Im Unterricht erleben wir Lehrer eine extrem aufgeheizte Stimmung. Viele islamische Jugendliche lassen ihrem Hass auf Juden freien Lauf. Und das hat nicht nur mit dem Nahostkonflikt zu tun. Es gibt bei zahlreichen islamischen Migranten einen tief sitzenden Antijudaismus, also eine religiös begründete Feindschaft gegenüber Juden. Sie leitet sich ab aus den Auseinandersetzungen zwischen den Religionen, die bis in die Frühzeit des Islam zurückreichen. Viele Stellen im Koran schildern die Juden als ungläubig, heimtückisch und verabscheuungswürdig.

Christen kennen diesen Judenhass auch aus ihrer Geschichte. Wie eine Blutspur zieht er sich durch die Jahrhunderte. Erst das Nachdenken über die Shoa, die systematische Ermordung der europäischen Juden im Zweiten Weltkrieg, hat die Einstellung der Kirchen nachhaltig verändert. Heute gibt es gottlob einen vertrauensvollen Dialog zwischen Christen und Juden.

Wenn sich ähnliches auch zwischen Juden und Muslimen entwickeln soll, dann muss das aus der islamischen Gemeinschaft heraus erfolgen. Aufgeklärte islamische Theologen rufen die Moscheengemeinden und Verbände dazu auf. So fordert etwa der Freiburger Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi die „Stiftung einer Erinnerungskultur, die sich (auch) mit den dunklen Seiten der islamischen Geschichte“1 beschäftigen muss. Das wird nicht einfach sein. Aber wenn wir friedlich und respektvoll miteinander leben wollen, dann gibt es dazu keine Alternative.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39311
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