SWR3 Gedanken

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16FEB2024
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Egal was ich vorschlage und wie ich es mache, nie ist es richtig - oder jedenfalls nie ganz perfekt. So ist es mir mit einem Ex-Kollegen gegangen. Ich hab noch nicht mal den Mund aufgemacht, da war er schon dagegen. Oder der Nachbar meines Onkels, der hat sich ähnlich ätzend verhalten. Der rennt jedes Mal brüllend auf die Straße, wenn jemand es wagt in seiner Einfahrt zu wenden. Tierisch anstrengend solche Menschen!

Die Pop-Kultur hat ihnen einen Namen gegeben: Man nennt sie – zugegeben etwas vulgär: „Shit-Angel.“ Naja, den ersten Wortteil kennt ja jeder und „Angel“, das ist ein Engel - nur eben in garstig. Jesus hat auch solche Menschen um sich gehabt, als er durch seine Heimat gezogen ist. Die einen fanden ihn zu friedliebend, die nächsten viel zu provokant, und alle haben ordentlich Stimmung gegen ihn gemacht. Jesus hat sich aber nicht unterkriegen lassen. Im Gegenteil. Er hat sogar ein Mantra draus gemacht: „Liebe deinen Feind und tue denen Gutes, die dich schlecht behandeln“.

Naja, hätte ich jetzt meinem allzu-freundlichen Kollegen damals für jeden Widerspruch einen Kuchen backen sollen? Oder soll mein Onkel seinen Wut-Nachbarn auf einen Kaffee einladen? Sicher nicht! Aber wenn ich hinter meinem Ärger sehe, dass dieser wutschnaubende oder unsympathische Kontrahent vor mir auch ein geliebter Mensch Gottes ist. Dann kann der „shit“ zum „angel“ werden: Weil mir dieser Mensch beibringt, wie ich es machen möchte. Eben anders.

Ich will cool und freundlich bleiben und jetzt kommt das Schwerste: Ich will gar nicht damit rechnen, dass ich was Freundliches zurückkriege. Und vielleicht merkt mein Gegenüber dann: ‚Der ist trotzdem gut zu mir, auch wenn wir zwei wie Katz und Hund sind‘. Oder dass ich einfach darin wachse: Cool und freundlich zu sein, einfach, weil es so menschlicher und heilsamer für alle ist.

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