Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

07FEB2024
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Am Parkplatz vor der Böblinger Bonifatiuskirche befinden sich zwei Ladesäulen für Elektro-Autos. Fast ständig wird dort für müde Akkus Strom gezapft – so um die 30 Minuten muss man da schon rechnen. In dieser Zeit könnte man nebenan in der Kirche den seelischen Akku aufladen. Auch der macht immer mal wieder schlapp im täglichen Gerenne.

Wer die Kirchentür hinter sich schließt, betritt eine andere Welt. Wohltuend ist schon Stille, die einen plötzlich umfängt, vorausgesetzt, Sie haben Ihren Quälgeist, das Handy auf „stumm“ geschaltet. Das Tageslicht bricht sich in bunt bemalten Kirchenfenstern. Die Augen bleiben an christlichen Symbolen hängen. Nicht zu übersehen das Kreuz Jesu vorne im Chor: Zeichen dafür, dass sich der Gekreuzigte mit unserem eigenen Leiden und Sterben verbindet. Er lässt uns nicht allein. Wir dürfen ihn, den Erlöser, an unserer Seite wissen in allem, was uns an Leib und Seele bedrückt. Aber das ist nicht alles: Am Altar feiert die Gemeinde immer wieder seine und unsere Auferstehung. Von den Heiligen, deren Bilder oder Statuen die Wände schmücken, glauben wir, dass sie schon bei Gott angekommen sind.

Aber was mach ich dann in der Kirchenbank dreißig lange Minuten? Gar nichts, meine ich. Wer sich satt gesehen hat, kann die Augen schließen und sich entspannen, in sich hineinhören und dem Pochen des eigenen Herzschlags lauschen. Beten heißt einfach, da sein, sich und sein Leben Gott hinhalten. Wer will, kann direkt ein paar Worte an ihn richten. Kann ihn bitten für die Menschen an seiner Seite und besonders für jene, die es schwer haben. Vor Gott darf ich zu meiner eigenen Armseligkeit stehen, da geht es nicht um Leistung. Manchmal begegne ich in der Kirche auch betenden Menschen, die in ihrer Herzensnot still in sich hineinweinen. Tränen können lösen und befreien.

Kirchen sind „Ladesäulen“ für die Seele. Vielleicht, so hoffe ich, dürfen Sie bei einem solchen „Ladevorgang“ erfahren, dass da – wie draußen an Ihrem Fahrzeug – eine  geheimnisvolle Kraft zu fließen beginnt. Sie werden ruhiger und gelassener, schöpfen Hoffnung und Mut, so wie es der Beter in Psalm 146 verspürt hat: „Gott ist mir Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in großer Not“ (Psalm 146,2).

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39293
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