SWR1 3vor8

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04FEB2024
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Zwei Freunde von mir sind überraschend gestorben. Einer ist ein Klassenkamerad von mir; wir saßen im November noch nebeneinander bei unserem Jahrgangstreffen. Den anderen kennen Sie vielleicht sogar. Stefan Warthmann. Er spricht seit Jahren regelmäßig Beiträge hier im SWR. Wir sind auch schon lange befreundet, weil wir miteinander studiert haben. Und nun sind beide tot, weil ihr Herz nicht mehr mitgemacht hat, von einer Minute auf die nächste. Wie schrecklich für die, die zurückbleiben. Auch für mich ist es unfassbar.

 

Was ich für mich nicht als Zufall durchgehen lassen kann: Dass heute in den katholischen Gottesdiensten ein Bibeltext aus dem Buch Ijob dran ist, der exakt dazu passt. Bei Ijob geht es darum, dass ihm plötzlich ein schreckliches Unglück geschieht, weil alle sterben, die Ijob nahe waren. Und er sich nun damit auseinandersetzen muss, was das heißt: die zu verlieren, die man liebt, ohne Warnung, aus heiterem Himmel; brutal erinnert zu werden, wie vergänglich das eigene Leben ist; und irgendwie das alles mit Gott in Verbindung zu bringen. Ijob glaubt, dass Gott gut und gerecht ist. Aber wie passt das zu dem, was ihm widerfährt? Wieder und wieder beschreibt Ijob die offene Wunde, die entsteht, wenn der Tod das Leben zerreißt. Er sagt: Schneller als das Weberschiffchen eilen meine Tage, sie gehen zu Ende, ohne Hoffnung. Denk daran, dass mein Leben nur ein Hauch ist! Nie mehr schaut mein Auge Glück[1].

 

Der plötzliche Tod meiner Freunde macht mich sprachlos. Ich kann zuhören, wenn ich bei denen bin, die den beiden besonders nahestanden. Manchmal kann ich auch weinen. Trösten kann ich kaum. Wie auch? Ich spüre, dass es mich unruhig macht, dem Tod so nahe zu kommen, auch meinem eigenen. Dann laufe ich hin und her und liege nachts wach. Ijob versucht zu klagen, Gott seine Wut entgegen zu schleudern. Und macht damit seine eigenen Erfahrungen. Es entlastet ihn. Aber gut weiterleben kann er so nicht. Wer mit dem Tod hautnah konfrontiert ist, hat mehr Fragen als Antworten. Dass ein Mensch stirbt, von einem Tag auf den anderen nicht mehr da ist, das übersteigt meine Vorstellungskraft. Ich verstehe es schlicht nicht, und muss trotzdem weiterleben. Ijob hat Recht: Mein Leben ist nur ein Hauch. Aber mein Leben ist auch groß und wunderbar. So wie das Leben meiner Freunde auch. Einmalig und unvergesslich. Wenn dann noch stimmt, was ich glaube, dass Gott uns zu sich nimmt, danach, dann geht das Weiterleben wenigstens ein bisschen leichter.

 

[1] Ijob 7,6f.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39289
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