SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

06FEB2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Ich war neulich im Fitness-Studio – auf dem Laufband. Das muss man ja heutzutage fast schon: Im Fitnessstudio sein Cardiotraining machen. Also laufe ich auf dem Laufband und laufe, komme aber irgendwie nicht so richtig voran. Klar – das ist ja auch der Sinn eines Laufbands. Und trotzdem frage ich mich das jedes Mal: „Was mache ich da eigentlich?“

Als ich da auf dem Laufband unterwegs war, habe ich mir überlegt: In meinem Leben ist es manchmal ganz genauso. Ich bin unterwegs und laufe so durchs Leben und habe trotzdem nicht das Gefühl, dass ich vorwärtskomme. Und falls doch, dann weiß ich manchmal auch nicht, wo es denn eigentlich hingeht – aber komme ich vom Fleck? Wann komme ich denn in meinem Leben an? Und vor allem wo?

„Unser Leben dauert etwa 70 Jahre“ heißt es einmal in der Bibel, „und wenn wir bei Kräften sind, auch 80 Jahre. Das Meiste daran ist nur Arbeit und vergebliche Mühe. Schnell ist es vorüber, im Flug sind wir dahin.“ 

Dieser Satz aus einem alten Gebet bringt es für mich ziemlich genau auf den Punkt. Wie oft habe ich das Gefühl, dass ich mich abmühen muss. Bis ich weiß, was aus mir mal werden soll. Bis ich dann meinen Beruf gefunden und erlernt habe. Bis ich weiß, ob ich eine Familie möchte. Und, wenn ich eine habe, bis dann da alles gut funktioniert.

Wohin geht es weiter? Wird die Partnerschaft weiter gut laufen? Sind die Kinder glücklich und werden sie ihren Weg gehen können? Und plötzlich – so erzählen es mir ältere Menschen oft – ist man alt und fragt sich, wo die Zeit geblieben ist. Es ist wie auf dem Laufband: Die Zeit hält nicht an.

Während man läuft nicht. Und auch nicht, wenn man mal stehenbleibt, um zu verschnaufen. Um sich neu zu orientieren, bevor es weitergeht.

„Schnell ist die Zeit vorüber und im Fluge sind wir dahin.“ So steht es in diesem Gebet. Ich glaube aber nicht, dass mich das entmutigen soll. Weil ich eh nirgends ankommen werde. Ich denke, es geht darum, nicht ständig nach der Richtung zu fragen, in die ich laufe. Es kommt nicht so sehr auf das Ziel an, sondern dass ich auf dem Weg bin. Ich kann meinen Weg in einem gewissen Rahmen gestalten, mal mehr und mal weniger. Aber der Lauf der Zeit hält niemals an.

Und wenn ich am Ende zurückblicke - nach 70 oder 80 Jahren, oder 90 oder 100. Wenn ich zurückschaue, wo die Zeit hingekommen ist, dann sehe ich auch all das wertvolle auf meinem Weg. Der Weg ist also das Ziel, selbst wenn ich mal wieder auf dem Laufband schwitze.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39284
weiterlesen...