SWR2 Wort zum Tag

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12FEB2024
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Sind Sie heute auch im närrischen Kostüm unterwegs? Bei einem Rosenmontagsumzug vielleicht? Im Rheinland, in Rheinhessen und im schwäbisch-alemannischen Fastnachtsland kocht heute ja die karnevalistische Seele auf dem Siedepunkt. Bei meiner Arbeit habe ich viel mit internationalen Studierenden zu tun und versuche somit Jahr für Jahr, Menschen aus anderen Teilen der Welt zu erklären, was da eigentlich bei uns passiert in der fünften Jahreszeit. Das geht gar nicht anders, als auf die danach beginnende Fastenzeit zu verweisen und auf das Osterfest an deren Ende – also auf den religiösen Hintergrund, der das jecke Feiern erst ins Leben gerufen hat. Vor diesem scheint es dann auch einen Sinn zu ergeben, was da passiert – auch für jemand, dem das bisher völlig fremd war. Einmal noch so richtig das Leben feiern, bevor das Fasten beginnt. Unabhängig vom religiösen Kontext haben Karneval und Fastnacht natürlich ihre eigenen Bräuche und Dynamiken entwickelt und tun dies weiterhin.

Ich jedenfalls liebe es, mich mit Freunden zusammen in dieses Treiben hineinzustürzen, zu tanzen, zu feiern und Lieder zu singen, die gerade und eben auch nur in dieser Zeit ihren Platz haben. Aber: Geht das nur im Zusammenhang mit dem Aschermittwochsgottesdienst, bei dem ich mir nach den närrischen Tagen das Aschekreuz auf die Stirn zeichnen lasse? Ist Karneval auch noch in einer komplett säkularen Welt vorstellbar? Ich frage mich immer wieder, ob alle diese religiösen Bräuche, die unsere Kultur prägen und auch Feste wie Ostern und Weihnachten, auch dann noch prägend sein können, wenn die Bezüge zu Gott ganz wegfallen sind.

Als gläubiger Mensch bin ich aber froh, dass sich dieses Feiern und ausgelassen sein auf etwas bezieht, das über unser Tun und Machen hinausweist. Für mich gehört es zusammen: das bunte, verrückte Leben auf den Straßen, bei den Umzügen, in den Hallen und Kneipen und der Glaube daran, dass da einer ist, der wohlwollend darauf schaut und sich mit uns freut. Wenn wir das Leben feiern, feiern wir auch seinen Schöpfer. Und wenn wir das zusammen tun, zeigt sich seine schöpferische Kraft viel mehr, als wenn wir alleine sind.

Da ich der kölschen Sprache nur singend mächtig bin, will ich ins Hochdeutsche übersetzen, wie die Band Kasalla das ausdrückt, was mir in diesen Tagen aus der Seele spricht: „Auf die Liebe und das Leben, auf die Freiheit und den Tod. Komm wir trinken auch mit denen, die im Himmel sind. Alle Gläser hoch!“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39258
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