SWR2 Wort zum Tag

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25JAN2024
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Da ist einer vom Saulus zum Paulus geworden! Diese Redensart wird benutzt, wenn ein Mensch eine bisher vertretene Ansicht ganz grundsätzlich ändert. Sie bezieht sich auf ein in der Bibel berichtetes Ereignis, an das die Kirche am heutigen Tag erinnert: Paulus, ein frommer Jude, der die Anhänger des neuen Christusglaubens zunächst bekämpft, hat eine Erscheinung. Danach wird er zu einem einflussreichen Anhänger Jesu von Nazareth. Bald auch zum ersten großen theologischen Denker des neu aufkommenden christlichen Glaubens. 

Saulus ist sein jüdischer Name. Paulus sein römischer. Und er ist auch nach der einschneidenden Wende in seinem Leben beides geblieben. Frommer Jude und Bürger des römischen Reiches. Es stimmt also nicht, dass er vom Saulus zum Paulus wird. Sondern er wird in beiden Rollen ein anderer. 

Von Paulus kann ich also Entscheidendes lernen. In einem Leben gibt es immer beides. Brüche und Neuanfänge. Manchmal so grundlegend, dass Menschen ihr Leben in ein davor und ein danach einteilen. Nach einem beruflichen Neuanfang. Oder einem Umzug. Nach einer Genesung. Nach dem Tod eines lieben Menschen. Für Paulus ist die Begegnung mit Christus vor den Toren von Damaskus ein solch einschneidendes Ereignis. Aber auch nach einem solchen fundamentalen Bruch bin ich nicht einfach mit einem Mal ein ganz anderer Mensch. Das Wesentliche meiner Persönlichkeit bleibt. Ich lebe jetzt allerdings unter veränderten Vorzeichen. Und darin bin ich dann irgendwie neu.

An Paulus kann man das Verhältnis dessen, was neu wird, zu dem, was bleibt, sehr schön sehen. Paulus wirft seinen jüdischen Glauben nicht einfach weg und ersetzt ihn durch einen neuen. Er gibt auch seinen Beruf nicht einfach auf. Aber er verändert seine Sicht auf diesen Jesus aus Nazareth. Er schließt sich dessen Anhängerinnen und Anhängern an. Neugeworden ist er also gerade nicht durch den Wechsel vom Saulus zum Paulus. Sondern durch die Neubestimmung dessen, was ihn trägt. Aber als die eine Person, die er vor und nach der großen Wende in seinem Leben gewesen ist.

Das geht also: Ich kann ein anderer, eine andere werden, kann, ja muss mich entwickeln. Aber ich brauche dabei nicht alles über den Haufen werfen, was mir bisher wichtig gewesen ist. Ich muss nicht meine Identität aufgeben. Ich bleibe, wer ich bin. Und gehe doch neugeworden meinen Weg weiter. Als Saulus und als Paulus. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39206
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