SWR2 Wort zum Tag

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22JAN2024
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„Das muss man schon mal aushalten können, wenn man so viel verdient… „Solche Sprüche höre ich manchmal, wenn ich mich bestürzt darüber zeige, in welchem Ton zum Beispiel Sportler kritisiert oder Filmstars vernichtend schlecht beurteilt werden. Dabei geht es dann oft noch nicht einmal um Kritik an deren Leistungen, sondern um Beleidigungen auf einer persönlichen Ebene. „Das muss man schon mal aushalten können…“Viel aushalten müssen, finde ich, auch manche Politikerinnen und Politiker, deren Privatleben von manchen Medien genauestens beobachtet und skandalisiert wird.  

Aber macht denn ein hohes Einkommen oder politische Verantwortung Menschen weniger sensibel oder verletzlich? Ist es in Ordnung, Menschen verbal anzugreifen, weil sie sozusagen schon ein „Schmerzensgeld“ dafür bekommen haben?

„Reiche und Arme beide hat Gott erschaffen“ (Sprüche 22,2). Dieser Spruch stammt aus der Bibel, aus dem Buch der Sprüche. Ich verstehe das so: es gibt keinen Unterschied zwischen Armen und Reichen. Alle Menschen sind gleich erschaffen, egal in welche Richtung sich ihr Leben entwickelt. Ob sie später arm oder reich sind, prominent oder unbekannt, ob sie politische Verantwortung tragen oder nicht. 

Martin Luther hat das später bezeichnet als die Trennung von Person und Werk. Was ein Mensch tut, sollte unseren Blick auf sein Wesen als Mensch nicht verändern. Ganz verhindern lässt sich das wahrscheinlich nicht. Gerade deswegen finde ich es wichtig, sich das ab und zu bewusst zu machen. 

Im Prinzip sind alle Menschen gleich ausgestattet: Sie haben verletzbare Gefühle und eine sensible Wahrnehmung. Sie sind von Gott geschaffen und haben eine unverletzliche Würde. Auch die Reichen und Schönen und Verantwortungsträgerinnen und Träger. Und dementsprechend sollte man sie auch behandeln. 

Ich finde, nur weil jemand viel verdient oder politische Verantwortung trägt, darf man ihn nicht persönlich beleidigen oder verunglimpfen. Auch Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, haben ein Recht auf den Schutz der Privatsphäre. Denn am Ende bleibt der Mensch ein Mensch, der respekt- und rücksichtsvoll behandelt werden sollte. 

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