SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

23DEZ2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Nach dem Abitur ist Jonas mit einem Freiwilligendienst nach Israel gegangen. Das war diesen Sommer. Kaum hatte er sich eingewöhnt und die ersten Freundschaften geschlossen, ist der Terror der Hamas über Israel herein gebrochen. Jonas ist mein Neffe und er erzählt mir: „Als die ersten Sirenen losheulten, wusste ich noch nicht mal, wo der nächste Schutzbunker ist.“ Inzwischen ist Jonas längst wieder in Deutschland zurück. Wir sind alle froh, dass er in Sicherheit ist. Er natürlich auch. Aber mit seinem Herzen ist er immer noch in Israel und sorgt sich um die Menschen, die er dort kennengelernt hat. So viele haben Angehörige oder Freunde verloren. Und auch die Bilder aus dem Gazastreifen erschüttern ihn.  

Ich frage Jonas, wie es ihm jetzt geht, da sagt er: „Ich habe angefangen zu beten. Ich bin in eine Kirche gegangen und habe eine Kerze angezündet. Ein kleines Hoffnungslicht. Ich weiß zwar nicht, ob das etwas ändert, aber es hat mir geholfen, mit all dem irgendwie klar zu kommen.“ Wie Jonas mir das so sagt, fallen mir die Sätze ein, die morgen in den Weihnachtsgottesdiensten zu hören sind: „Das Volk, das im Dunkeln lebt, sieht ein helles Licht. Über denen, die im Land der Finsternis leben, strahlt ein Licht auf.“ Diese Worte stammen vom Propheten Jesaia. Als er sie vor über zweitausend Jahren ausgesprochen hat, war das Volk Israel auch im Dunkeln. Feinde standen vor Jerusalems Mauern. Alle hatten Angst. 

Und Jesaja schaut in die Zukunft und verspricht dabei: „Jeder Stiefel, der dröhnend daher stampft, jeder Mantel, der mit Blut befleckt ist, wird ein Fraß des Feuers.“ Für den alten Propheten wird das aber nicht durch militärische Überlegenheit erreicht, sondern durch ein Kind. „Denn uns ist ein Kind geboren. …Seine Herrschaft ist groß und der Friede hat kein Ende.“

Diese großen Sätze aus den Weihnachtsgottesdiensten scheinen unendlich weit entfernt und unrealistisch. Wie Sterne am Nachthimmel. Aber trotzdem leuchtet in ihnen für mich die Hoffnung auf, dass Terror und Krieg nicht das letzte Wort behalten.

Mein Neffe hatte vor kurzem Geburtstag. Es war der Tag, an dem die ersten Geiseln freigelassen worden sind – im Austausch für palästinensische Gefangene. Für Jonas war das das schönste Geschenk. Ein verheißungsvoller Anfang, und wie im Dunkeln ein Licht. Auch wenn jetzt wieder die Waffen sprechen.

An Weihnachten wird Jonas ganz besonders an seine Freunde in Israel denken, und an die vielen Menschen dort, die sich nach Frieden sehnen. Er wird für sie beten und ein Licht anzünden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39000
weiterlesen...