SWR2 Wort zum Tag

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21DEZ2023
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Das Pantheon in Rom. Was für ein Bauwerk. Es ist eines der am besten erhaltenen Gebäude aus der römischen Antike, überwölbt von einer gigantischen Kuppel. Als ich dieses Jahr dort war, hat mich an dieser Kuppel am meisten fasziniert, dass sie nicht ganz geschlossen ist. Am obersten Punkt ist sie offen und man kann durch das Dach in den Himmel sehen. So wird der  Raum von einem fast mystischen Licht erfüllt.

Heute ist das Pantheon eine katholische Kirche. Aber das war nicht immer so. Ursprünglich war es  ein Tempel, der allen römischen Göttern geweiht war. Das nämlich bedeutet der Name: pan – für alle, theon – für Götter. Im 2. Jahrhundert wurde er vom römischen Kaiser errichtet, denn Religion war Sache des Staates. Hier wurden nicht nur den Göttern, sondern auch dem Kaiser Opfer gebracht.

Aber nicht alle haben an diesem Kult teilgenommen. Die frühen Christen haben sich ihm bewusst verweigert, weil sie nur an den einen Gott geglaubt haben. Ihr Gott war ganz anders als die römischen Götter. Er war wie ein Vater für sie. Das haben die Christen von Jesus gelernt. Durch ihn ist ein neues Licht in ihr Leben gekommen,- so wie durch die Öffnung der Kuppel - nämlich die Hoffnung auf ein unzerstörbares, ewiges Leben. Durch Jesus konnten sie - bildlich gesprochen - direkt in den Himmel sehen.

Für die römischen Kaiser war diese Verweigerung ein Affront. Deswegen haben sie die Christen verfolgt. Trotzdem wurden die Christen mehr und mehr. Und sie waren standhaft. Das hat Kaiser Konstantin im 4. Jahrhundert so sehr beeindruckt, dass er die einst unterdrückte Religion anstelle des alten Götterkultes zur neuen Staatsreligion gemacht hat. Und so ist aus dem Pantheon eine Kirche geworden.

Das alles ist mir damals durch den Kopf gegangen, als ich unter dieser gewaltigen Kuppel gestanden bin. Und es beschäftigt mich immer noch. Das Pantheon - einst Tempel, dann Kirche – und heute da wirkt es wie ein Museum. Keine Frage, es beeindruckt mich, so wie viele andere großartige Kirchen. Aber immer weniger Christen feiern in diesen Kirchen ihren Glauben. Ist unserer Zeit der Sinn für das Göttliche verloren gegangen? Oder wie müssen Kirchen, religiöse Räume und Gottesdienste gestaltet sein, dass Menschen von Gott berührt werden?

Ich sehe wieder die Öffnung des Pantheons vor mir, die ein kleines Stück Himmel frei lässt. Und es ist wie ein Sinnbild für mich. Es darf nicht alles wie ein geschlossenes System zugemauert sein. Es muss auf jeden Fall etwas offen bleiben, damit Gott sich zeigen kann.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38998
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