Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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28DEZ2023
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Bischöfin gesucht - Maria 2.0

„Wir suchen eine Bischöfin, einen Bischof, Klammer auf: m/w/d, Klammer zu, für die Diözese Rottenburg-Stuttgart.“ Eine Gruppe von Maria 2.0 hat diese Stellenanzeige im Umlauf gebracht. Bewerbungen sind direkt an den Vatikan zu richten. Das ist lustig, weil nur allzu bekannt ist, dass Frauen das in der Katholischen Kirche nicht dürfen: Bischöfin werden. Aber das Lachen vergeht einem auch gleich wieder, wenn man den Zusatz auf der Anzeige liest: „Leider dürfen wir nicht mitbestimmen; alles wird hinter verschlossenen Türen entschieden!“

Warum eigentlich nicht, warum eigentlich keine Frau als nächster Bischof in meiner Diözese? Die dann Bischöfin hieße. Bischöfin Manuela. Bischöfin Katharina. Bischöfin Ute. Bischöfin Juliane. Ich hätte damit überhaupt kein Problem. Frauen können nicht alles tun, was Männer tun. Und umgekehrt: Ich kann keine Kinder auf die Welt bringen, weil ich das biologisch nicht kann. Aber mit dem Argument, Jesus sei nun mal ein Mann gewesen, zu begründen, weshalb Frauen in der Katholischen Kirche kein Amt ausüben dürfen, das ist mir dann doch zu wenig. Kein ernstzunehmender Theologe, den ich kenne, würde erlauben, allein von der Biologie her zu denken. Der Mensch ist doch viel mehr. Frauen können natürlich Eigenschaften mitbringen, die sie eine gute Bischöfin sein ließen. Und wer wollte behaupten, sie könnten nicht genauso von Gott berufen sein wie ein Mann? Wo doch Gott nach dem, was Jesus gelebt und verkündet hat, gerade diese Rollenmuster überwunden sehen wollte.

Was von der künftigen Hirtin, dem künftigen Hirten in der Kirche erwartet wird, ist enorm. Das Kirchenrecht macht da klare Vorgaben. Aber viel wichtiger scheinen mir die Eigenschaften zu sein, die die eingangs genannte Stellenanzeige anführt.

Wer künftig an der Spitze der Diözese Rottenburg-Stuttgart steht – und das wird wieder ein Mann sein -, soll mit den Menschen so sprechen, als wäre er einer von ihnen. Große Offenheit ist wünschenswert, besonders für alle, die anders an Gott glauben. Der Neue soll bereit sein, Geld, Macht und Ansehen zu teilen – wie es der Heilige Martin als Patron des Bistums vorgelebt hat. Wo es schwierige Entscheidungen zu treffen gilt, soll das Gewissen des Bischofs die oberste Instanz sein, weil er dort Gott unmittelbar begegnet.

Das ist ein stolzer Katalog an Erwartungen. Kaum zu erwarten, dass das ohne Weiteres gelingt. Aber ob ein Bischof es gut macht oder ob er versagt. Er ist eben auch nur ein Mensch, und es ist egal, ob er ein Mann ist oder eine Frau.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38995
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