Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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18DEZ2023
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Wenn ein Fest bevorsteht, treffen wir unsere Vorbereitungen. Für uns selbst und für diejenigen, die vielleicht bald zu Besuch kommen, die wir bekochen und beschenken und verwöhnen möchten. Manche stürzen sich begeistert ins vorweihnachtliche Getümmel und lassen nichts aus: Weihnachtsmarkt, Adventsfeiern, Schrottwichteln. Andere ziehen sich lieber zurück und suchen die Stille. Holen sich Anregungen aus Adventskalendern ohne Schokolade. Und ich habe in diesem Jahr noch eine ganz andere Art der Festvorbereitung entdeckt. Benedikt hat sie mir gezeigt. Er ist der Held einer kleinen Erzählung des isländischen Schriftstellers Gunnar Gunnarsson.

Benedikt pflegt ein ganz besonderes Adventsritual. Und zwar macht er sich jedes Jahr im Advent ins Hochgebirge auf. Dort sucht er versprengte Schafe, die den Abtrieb im Herbst verpasst haben. Er will sie vor dem Erfrieren retten und ihren Hirten zu Weihnachten zurückbringen. Auf seinen einsamen und zuweilen gefährlichen Wegen begleiten ihn nur ein Hund und ein Hammel. Diese drei Gefährten bestehen einen Jahrhundert-Schneesturm und manch anderes spannende Abenteuer. Aber es sind vor allem Benedikts Gedanken, die sich mir eingeprägt haben. Gedanken wie dieser: „Advent. Benedikt nahm das große Wort behutsam in den Mund (…) Er wusste nicht genau, was es bedeutete, aber es lag doch eine Erwartung, eine Vorbereitung darin, das fühlte er. Denn was war das Leben der Menschen auf Erden überhaupt anderes als ein unvollkommenes Dienen, das doch von Erwartung, von Vorbereitung aufrechterhalten wurde?“

In solchen Zeilen rückt Benedikt für mich ganz nah an den heran, auf den sich im Advent alle christlichen Erwartungen richten. Auf Jesus den Christus, das Kind in der Krippe. Der hat als Erwachsener von sich gesagt: Ich will dienen, nicht herrschen. Und ich bin gekommen, um alle zu suchen, die sich verloren fühlen. Ich bin wie ein guter Hirte. Ein guter Hirte lässt schon mal 99 Schafe im Trockenen, um das eine, das hundertste zu suchen, das verloren gegangen ist. Verloren Gegangene zu finden und in die Gemeinschaft zurückzuholen: Was für ein schönes Advents-Ritual! Ich will es gerne einmal ausprobieren, nicht nur im Hochgebirge.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38973
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