Anstöße sonn- und feiertags

Anstöße sonn- und feiertags

17DEZ2023
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Nur 18 Jahre alt ist sie geworden: Selma Merbaum, eine weniger bekannte deutschsprachige Dichterin aus Rumänien. Nächstes Jahr würde sie hundert werden, doch gestern hat sich ihr Todestag zum 81. Mal gejährt. In ihren wenigen Jahren erlebte sie den Verlust ihres Vaters, das Leben im Ghetto und KZ. Schon als Schülerin dichtet sie. Nur durch zwei Freundinnen ist sie heute noch bekannt, denn die haben die fast 60 Gedichte gerettet. Wie viele mehr wären es geworden, hätte nicht der unfassbar brutale Hass so früh ihr Leben vernichtet.

Menschen sind zu den schlimmsten Dingen fähig. Menschen sind aber auch zu guten Dingen fähig. Es gibt Zeitzeugen des Holocaust, die sich alten Wunden aussetzen und davon erzählen, damit Andere aus der Geschichte lernen. Es gibt in allen Weltanschauungen und Religionen Menschen, die für Versöhnung und Menschenwürde eintreten. Und es gibt Kunst, die selbst Schlimmstes überdauert und zeitlose, auch traurige Wahrheit in bestechende Worte fasst.

Selma Merbaum ist für mich eine Künstlerin, die im Holocaust zugrunde ging, aber nie sterben wird. Das Lager, in dem sie gestorben ist, lag in der heutigen Ukraine. Dort ist heute Krieg. Sie hatte ihre Hoffnung auf Israel gerichtet, wo sie nie hingekommen ist– auch dort ist kein Frieden. So gelten Selma Merbaums Worte uns, die wir heute leben. In einem ihrer Gedichte beschreibt sie den Tanz Gilu mit den Worten: „Für uns ist es das Symbol unseres Lebens, unserer Wünsche: Freiheit auf allen Gebieten!“ -Frieden und Freiheit für alle Menschen. Wann wird das wahr? Vielleicht nie. Aber die Hoffnung, dass wir dem näherkommen, haben viele. Wir können mit wirken an einer Welt, in der niemand mehr ein so etwas erleiden muss, indem wir den Traum von Frieden und Freiheit immer mehr verwirklichen. Dann bleibt Frieden kein Traum und kein frommer Weihnachtswunsch, sondern der Wille Gottes auf Erden, zu dem wir berufen sind. Selma Merbaum ist am 16. Dezember 1942 mit 18 Jahren gestorben– aber unverwüstlich ist die Sehnsucht, die sie mit so vielen verbindet: Frieden und Freiheit. Endlich!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38911
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