SWR4 Abendgedanken

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28NOV2023
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„Liebt eure Feinde!“ Dieses Gebot hat Jesus vor rund 2000 Jahren seinen Mitmenschen als Lebensregel mitgegeben: "Liebt eure Feinde!" Was für eine Herausforderung! Und sie ist bis heute brandaktuell.

Denn wenn ich morgens die Zeitung aufschlage und die Nachrichten lese oder abends die Nachrichten schaue und die Bilder des Tages sehe, bin ich fassungslos. Es gibt so viel Hass und Terror unter den Menschen.

Und wenn mich meine Kinder fragen: Warum leben Menschen nicht friedlich miteinander? Dann merken wir gemeinsam, dass es auch nicht einfach ist im Alltag friedlich miteinander zu leben. Da gibt es Streit in der Schule, Konflikte am Arbeitsplatz. Da ist schon der Frieden im Kleinen gefährdet. Und der Frieden im Großen ist momentan nicht da. Menschen tun Menschen weh, verletzen, töten. Menschen fördern das Unrecht und fordern gleichzeitig, im Recht zu sein.

Jesus hat damals versucht, die Welt zu verändern, das Miteinander zwischen den Menschen ins Lot zu bringen. Oftmals mit ungewöhnlichen Handlungen, oftmals mit Worten, mit denen keiner gerechnet hat. Und mit solchen paradoxen Aussagen, dass wir unsere Feinde lieben sollen.

Das ist nicht einfach. Eigentlich ist es unmöglich. Wie soll ein Opfer von Terrorismus seinen Feind lieben? Wie soll es das schaffen? Und auch im Kleinen ist es schwer. Auch wenn es „nur“ um Alltagsstreitigkeiten geht. Denn, wenn ich meine Feinde lieben soll, dann heißt das ja, dass ich mich mit Menschen auseinandersetzen muss, die es nicht gut mit mir meinen, vielleicht neidisch sind und die Sachen machen, die ich nicht nachvollziehen kann. Einfacher ist doch dann, diese Menschen nicht zu mögen, sie zu verurteilen, zu hassen.

Aber ich soll sie lieben. So sagt es Jesus. Das fordert mich ganz schön heraus. Lieben kann ich ja nicht auf Kommando. Liebe wächst, entsteht, weil ich jemand anfange zu mögen.

Allein schon, dass ich darüber nachdenke, warum ich meine Feinde lieben soll, gibt mir einen anderen Blick. Ich sehe die Menschen. Nicht allein ihre Taten. Ihr Verhalten. Das Warum kann ich trotzdem nicht immer verstehen. Aber ich kann den Menschen sehen, versuchen ihn zu verstehen.

So seltsam es auch klingt. Ich kann versuchen, meine Feinde zu lieben. Einfach ist das nicht. Doch irgendwo muss die Liebe doch auch anfangen. Ein Versuch ist es wert.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38816
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