SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

27NOV2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Kerzen gehören für mich ganz besonders in diese Woche, zwischen Ewigkeitssonntag und ersten Advent.

Gestern am Ewigkeitssonntag im Gottesdienst haben wir uns an die verstorbenen Menschen unserer Gemeinde erinnert und Kerzen für sie angezündet. Und nach dem Gottesdienst haben die Angehörigen die Kerzen mitgenommen und auf den Friedhof getragen. Abends beim Spaziergang mit dem Hund bin ich dann wieder am Friedhof vorbeigekommen. Und all die vielen Kerzen haben diesen traurigen Ort in ein kleines Lichtermeer verwandelt. Es war eine ganz besondere Stimmung: gar nicht mehr so traurig, trotz des feuchtkalten Abends. Das Licht hat mein Herz berührt, mich gewärmt. Die vielen Kerzen auf den Gräbern haben für mich den Friedhof zu einem Ort der Hoffnung gemacht.

„Du bist die Quelle des Lebens und in deinem Licht sehen wir das Licht“ – so heißt es in einem alten biblischen Lied, in Psalm 36.

Gott als das Licht meines Lebens. Gott, der für mich das Dunkel erhellt, so dass ich besser sehen und erkennen kann, was in meinem Leben hinter und was vor mir liegt. Wie die Kerzen auf dem abendlichen Friedhof. In ihrem Schein sehe ich, was hinter mir liegt, sehe, wer mir fehlt, wen ich vermisse. Ich sehe, wie viel Zeit ich mit den Verstorbenen hatte, was wir gemeinsam an schönen und traurigen Dingen erlebt haben.

Im Lichte Gottes sehe ich aber auch, dass da noch etwas vor mir liegt, dass mein Weg nicht auf dem Friedhof endet, sondern dass ich lebe. Heute und hier, gemeinsam mit vielen anderen Menschen.

Ich darf traurig sein, ich kann traurig sein und manchmal muss ich auch einfach traurig sein, weil der Kummer überwiegt, weil mir jemand so richtig fehlt. Aber ich darf auch in traurigen Zeiten nach vorne schauen, darf lachen, darf mich an den schönen Dingen des Lebens freuen.

Für all das stehen die Kerzen auf dem Friedhof. Für das gelebte Leben und für das, was noch kommt. In ihrem Schein leuchten meine Erinnerungen und leuchtet meine Hoffnung, dass Gott die Quelle des Lebens ist und ich in seinem Licht sehe, wie schön das Leben sein kann.

Mit meinen Erinnerungen an viele Menschen, mit denen ich das Leben schon geteilt habe, bin ich an dem Abend weitergelaufen. Nach Hause. Vorbei an vielen hellen, erleuchteten Fenstern. Zu den Menschen, die mit mir weiterleben und mit denen ich in wenigen Tagen die erste Kerze auf dem Adventskranz anzünden werde. Dann wird mein Zuhause hell und warm durch das flackernde Licht der Kerze.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38815
weiterlesen...