Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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08NOV2023
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„Du Birk, ich wünschte, du wärst mein Bruder“. Ronja, die Räubertochter aus dem Kinderbuch von Astrid Lindgren, sagt das zu Birk, dem gleichaltrigen Räubersohn. Dass Ronja gerne Birks Schwester sein möchte, ist eigentlich ein Wunder. Denn Birks und Ronjas Räuberfamilien sind verfeindet, solange man denken kann. Und seit sich die Birks Familie samt Räuberbande in einem Teil der Räuberburg einquartiert hat, die bislang Ronjas Familie als ihr Eigentum ansah, ist der Streit endgültig eskaliert.

Die Räubergeschichte, die Astrid Lindgren für Kinder geschrieben hat, ist auf traurige Weise zeitlos und aktuell. Aber sie ist, finde ich, gleichzeitig eine wunderbare Hoffnungsgeschichte. Eine Geschichte der Hoffnung auf Frieden:

Die beiden Kinder, so erzählt Astrid Lindgren, begegnen einander immer wieder bei ihren Streifzügen durch den wilden Wald, der die Burg umgibt. Sie beschimpfen sich, wie sie es von ihren Eltern gelernt haben – und retten einander trotzdem mehr als einmal aus Lebensgefahr. Langsam werden sie nachdenklich.

„Was willst du, Räubertochter?“, fragt Birk Ronja ruppig, als sie sich beim Fuchsbau begegnen. „Ich will, dass du meine Jungfüchse in Frieden lässt und aus meinem Wald verschwindest!“, hält Ronja ihm entgegen. Und Birk wird wütend: „Deine Jungfüchse! Dein Wald! Die Jungfüchse gehören nur sich allein, verstehst du das nicht? Und sie leben im Wald der Füchse. Es ist auch der Wald der Wölfe und der Bären, der Elche und der Wildpferde…“ Und schließlich stellt Birk bitter fest: „Außerdem ist es auch mein Wald! Und dein Wald, Räubertochter, ja, dein Wald auch! Aber wenn du ihn für dich allein haben willst, bist du dümmer als ich auf den ersten Blick geglaubt habe.“

Ronja muss darüber dann doch nachdenken. Und ganz allmählich beginnt sie, Birk gern zu haben. Ihre Zuneigung ist stärker als die Feindschaft ihrer Familien.

Bis auch ihre Eltern Frieden schließen, ist es für Ronja und Birk noch ein harter Weg. Aber es gelingt. Auch, weil Ronjas Opa sich auf die Seite der Kinder schlägt. Dem Alten gelingt es, gemeinsam mit den ganz jungen, die Anführer der verfeindeten Räuberbanden zur Vernunft zu bringen – und zum Frieden.

Ja, es ist nur ein Kinderbuch. Aber mir macht die Geschichte von Ronja und Birk trotzdem Hoffnung. Dass mit jeder neuen Generation auch eine neue Chance auf Frieden heranwächst. Und dass vielleicht auch die älteste Generation mit ihrer Lebenserfahrung helfen kann, dass die Kinder den Hass ihrer Eltern überwinden. Die Hoffnung will ich nicht verlieren.

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