SWR Kultur Wort zum Tag

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20NOV2023
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Der Nahe Osten ist wieder einmal stark umkämpft und unzählig viele Menschen sterben in diesem Krieg. Und es scheint, als ob die Regeln der zivilisierten Welt keine Rolle mehr spielen. Die Gewalttäter machen keinen Halt vor Kindern, Frauen, wehrlosen, kranken und alten Menschen. Die Kriegsmacher begründen den Krieg mit dem Hass zwischen Israelis und Palästinensern und dem Streit um den Tempelberg in Jerusalem. Ich kenne wenige Orte auf unserem Planeten, die so hart und andauernd umkämpft sind, wie der Tempelberg in Jerusalem. Das allein ist schon der reinste Hohn, bedeutet „Jerusalem“ doch wörtlich übersetzt „Stadt des Friedens.“

Aber ich frage mich, warum diese drei Religionen es nicht gemeinsam schaffen, dass diese Stadt ein Ort wird, von dem Friede und Heil für alle ausgeht.

Schon im 6. Jahrhundert vor Christus hat dieser Streit um Jerusalem begonnen, die Babylonier haben den ersten jüdischen Tempel zerstört. Er wurde wieder aufgebaut, bis die Römer ihn wieder zerstörten und durch einen römischen Tempel ersetzt haben. Schließlich habe die Osmanen dort die Al-Aksa-Moschee gebaut. Dieser Ort in Jerusalem ist für Juden und Muslime ein heiliger Ort. Auch für mich als Christ hat dieser Ort eine große Bedeutung. Einige Forscher vermuten, dass der Tempelberg der Ort ist, an dem Abraham nach der biblischen Erzählung seinen Sohn Isaak opfern sollte. Er wurde von einem Engel davon abgehalten, denn Gott will keine Menschenopfer.

Diese Botschaft ist offensichtlich bei keiner Religion angekommen. Auch Christen haben für eine scheinbar heilige Sache viel Leid angerichtet und viele Menschen getötet. Ich finde das abstoßend. Ausgerechnet Jerusalem, dieser vermeintlich heilige Ort, ist weiterhin ein Ort, wo Menschen im Namen der Religion getötet werden. Im Grunde widerlegen alle Religionen sich mit diesem Verhalten selbst.

Jesus  von Nazareth hat sich davon distanziert, dass Menschen sich auf einen Ort festlegen, an dem Gott wohnt und verehrt wird. Für ihn war der wichtigste Ort, an dem Gott existiert, das eigene Herz. Das überzeugt mich. Wenn ich es schaffe, dass ich Gott in mir Raum gebe, bekomme ich vielleicht eine Einsicht in seinen Plan für die Welt. Was ich von ihm bisher verstanden habe, ist sicher nur ein kleiner Teil. Und doch kann diese Einsicht die Welt verändern: Gott will, dass keiner vom andern unterdrückt wird, sondern dass alle Menschen wohl und zufrieden leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38739
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