SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

10NOV2023
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In den Zug, in dem ich sitze, steigt eine junge Frau ein, das Handy am Ohr. Sie setzt sich, nicht weit von mir weg. Ich weiß nicht, mit wem sie da redet, verstehe sie auch nicht. Aber die junge Frau redet und redet. Mehr als eine Stunde geht das so. Irgendwann bin ich ziemlich genervt - und komme ins Grübeln. Nur ein paar Tage vorher ist mir in einem Café nämlich ein älteres Paar aufgefallen. Lange saßen die beiden zusammen am Tisch, sprachen kein Wort miteinander. Ob die sich auseinandergelebt, sich nichts mehr zu sagen haben, hab ich gedacht. Dann sagte die Frau doch etwas. Der Mann antwortete nicht. Er schaute sie nur an und beide lächelten.

Vielleicht liegt genau da ja der Unterschied zwischen „kennen“ und „Vertraut sein“. Kennen kann ich ziemlich Viele. Doch wenn ich ehrlich bin, weiß ich von den einzelnen Menschen oft erschreckend wenig. Ihre Hobbies vielleicht, wo sie arbeiten oder welche Musik sie mögen. Ganz anders ist das bei den Menschen, die mir vertraut geworden sind. Das sind nur sehr wenige. Meine Frau zum Beispiel. Natürlich gibt es immer noch genug zu erzählen und zu besprechen. Um sich zu verstehen aber, da braucht es oft nur ganz wenig. Manchmal sogar nur einen Blick und ein Lächeln.

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