SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

06NOV2023
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Zwei Musiker sitzen friedlich nebeneinander und musizieren. Ein Araber und ein Israeli. Klingt gerade eher wie ein frommer Wunsch, ist in einem ganz besonderen Orchester aber schon lange Wirklichkeit. Seit 24 Jahren gibt es das West-Eastern Divan Orchestra. Es besteht je zur Hälfte aus arabischen und israelischen Musikerinnen und Musikern. Gegründet hat es Daniel Barenboim. Selbst Jude und einer der bedeutendsten Dirigenten unserer Zeit. Die furchtbaren Ereignisse in Israel lassen auch ihn natürlich nicht kalt. In einem Zeitungsbeitrag schreibt Barenboim: „Menschlichkeit ist universell.“ „Man muss Ängste, Verzweiflung und Wut zulassen. Aber wo dies dazu führt, dass wir einander die Menschlichkeit absprechen, sind wir verloren.“

Ich finde, dieses besondere Orchester, mit dem Barenboim immer wieder arbeitet, ist ein tolles Bild dafür, wie es sein könnte und sollte. Da sitzen zwei Musiker, schauen in dieselbe Partitur. Sie können nicht gegeneinander spielen. Sonst ginge alles schief. Wenn ein Orchester klingen soll, gibt es nur einen Weg. Aufeinander hören. Die perfekte Harmonie finden. Das geht nicht von selbst. Das muss man üben, intensiv proben, immer wieder. Barenboim sagt: „Über die Jahre haben wir durch diese Gemeinsamkeit des Musizierens gelernt, den vermeintlich ‚Anderen‘ besser zu verstehen, auf ihn zuzugehen und Gemeinsamkeiten in unserer Menschlichkeit und in der Musik zu finden.“ Wie wunderbar wäre es, wenn das irgendwann auch im ganz Großen gelingt.

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