SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

03NOV2023
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Ich und meine Frau hatten uns diesen Sommer mitten in den Bergen von Nordgriechenland verfahren. Trotz Straßenkarte und Navi sind wir an einer Stelle falsch abgebogen und plötzlich standen wir vor einer Straßensperrung irgendwo in den Bergen. Also haben wir nochmal die Karte genau studiert, wir haben den Fehler gefunden und haben unser Auto gewendet. Dann sind wir einige Kilometer zurückgefahren bis zu der Kreuzung, an der wir den falschen Weg gewählt hatten.

Was mit dem Auto so einfach funktioniert, das geht im Leben sonst nicht: Wenden und zurückfahren. Ich kann mein Leben immer nur in eine Richtung leben, nämlich nach vorne. Aber manchmal wünschte ich mir, ich könnte einfach in der Zeit umdrehen und nochmal in die Vergangenheit zurückreisen. Wenn ich heute zurückschaue, dann weiß ich, wo ich falsch abgebogen bin und welche meiner Entscheidungen in eine Sackgasse geführt haben. Könnte ich doch einfach wie beim Autofahren zurück an den Punkt, wo es schiefgelaufen ist und einen anderen Weg einschlagen. Welche Fehler hätte ich dann nicht gemacht? Wen nicht verletzt? Welchen Freund nicht verloren und welches Glück nicht verpasst? Aber das geht nicht. Ich kann das, was geschehen ist, nicht rückgängig machen. Ich kann Fehler meiner Vergangenheit nicht korrigieren.

Darum ist es eine der wichtigsten Lebensaufgaben, dass ich mich mit meiner Vergangenheit versöhne. Was ich nicht ändern kann, darüber muss ich inneren Frieden finden. Es hat ja keinen Sinn, sich immer wieder darüber zu grämen, was einmal passiert ist. Das zerfrisst die Seele und macht sie bitter. Ich möchte nicht bitter werden, sondern vertrauen. Vertrauen, dass Gott meine Zeit in seinen Händen hält und dass er aus allem in meinem Leben Gutes machen kann. Alles, was geschehen ist, ist in Gottes Augen nicht umsonst und sinnlos gewesen. Auch wenn ich das vielleicht im Moment noch nicht verstehe. Doch alles, was war, gehört zu mir und hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Das hilft mir, meine Vergangenheit anzunehmen und mich mit ihr auszusöhnen.

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