SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

17OKT2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

In einem Buch eines AfD-Politikers habe ich Folgendes gelesen: „Menschenrechte sollen nicht mehr absolut, sondern im Kontext der Gesellschaft definiert werden. Die Verfassung soll sich im Zweifel dem Volkswillen beugen.“[1] .

Ich verstehe das so: Eine Mehrheit könnte für eine Minderheit die Menschenrechte außer Kraft setzen. Menschen, deren Leben, Liebe oder Gedanken nicht ins Weltbild passen, würden so zu Menschen zweiter Klasse degradiert.

In der Bibel wird von der Erschaffung des Menschen erzählt. Nachdem Gott alles andere gemacht hat, kommt zum Schluss der Mensch dran:
Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.

Nach biblischer Vorstellung ist der Mensch das Ebenbild Gottes. Dass heißt nicht, dass er genauso ist oder genauso aussieht wie Gott. Aber er entspricht Gott. Der Mensch soll sich um das kümmern, was Gott geschaffen hat. Denn er trägt etwas von Gott in sich. Das gilt für alle Menschen. Alle Menschen stammen von Gott ab; alle sind sein Ebenbild. Sie haben deshalb eine unverletzliche Würde.

Wer das ernst nimmt, kann die Menschen nicht nach ihrer familiären oder biologischen Herkunft, nach ihrer Hautfarbe, ihrem Geschlecht oder ihrer Sexualität beurteilen oder kategorisieren. Alle Menschen gehören zu Gott und müssen mit Achtung behandelt werden. Ihre Würde darf nicht verletzt werden.  

Auch bei Jesus findet sich diese Haltung wieder. Kranke, Ausländer oder Geschiedene – viele Menschen galten zur Zeit Jesu als Menschen zweiter oder dritter Klasse. Viele hatten kaum oder überhaupt keine Rechte.

Jesus hat sich für sie eingesetzt. Er hat sie mit den gleichen Augen angesehen wie alle anderen. Er hat in ihnen das Ebenbild Gottes gesehen und sie als Geschöpfe Gottes behandelt.

Diese Vorstellung, dass alle Menschen eine unverletzliche Würde haben und dass diese nicht durch andere angetastet oder außer Kraft gesetzt werden darf, findet sich in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wieder.

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“, heißt es da.  
Das kann auch keine Mehrheit, kein angeblicher Volkswille anderen absprechen. Das gilt. Für alle. Und ich hoffe, dass eine Mehrheit das in Deutschland auch weiterhin so anerkennt. 

 

[1]https://www.zdf.de/politik/frontal/frontal-vom-19-september-2023-eu-migrationspolitik-cdu-brandmauer-afd-ukraine-minenopfer-kindergrundsicherung-100.html

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38617
weiterlesen...