SWR4 Abendgedanken

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19OKT2023
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„Herr Müller ist zu Tisch“ bekomme ich am Telefon zu hören. Ich wollte Herrn Müller um die Mittagszeit anrufen und muss über die etwas altertümliche Forulierung schmunzeln:  „Jemand ist zu Tisch“ Für seine Mitarbeiterin ist damit offenbar aber alles gesagt. Jemand, der zu Tisch ist, den kann man nun mal nicht anrufen. Solange Herr Müller „zu Tisch“ ist, will er nicht gestört werden. Das gehört sich nicht.

Das genaue Gegenteil erzählt die Bibel von Jesus. Wenn der „zu Tisch ist“, lässt er sich auch mal stören, ob sich das nun gehört, oder nicht – jedenfalls, wenn es wichtig ist.  Einmal war Jesus zum Essen eingeladen bei einem vornehmen Gastgeber: Simon der Pharisäer. Es waren noch andere Männer eingeladen, und man war interessiert daran, was Jesus erzählen würde.

Aber die Herren bei Tisch wurden gestört, gleich auf mehrfache Weise. Von einer, die ganz und gar nichts in dieser Runde verloren hatte, wie man fand. Eine Frau, noch dazu eine mit einem schlechten Ruf. „Die Sünderin“ hat man sie genannt. Ihren Namen haben die Herren nicht gewusst, Aber was sie gewusst haben: Dass es sich nicht gehört, dass sie die Herren bei Tisch stört. Und nicht nur das: Sie fasst den Gast an. Sie hat ein kleines Glasfläschchen dabei und salbt Jesus die Füße.

Simon der Gastgeber reagiert verärgert. Die Störung passt ihm nicht, die Frau passt ihm nicht, und auch nicht, was sie da macht. Das gehört sich einfach nicht. Aber sein Gast Jesus sieht nicht die Störung, er sieht die Not der Frau. Er lässt seine Gastgeber Gastgeber sein und spricht sie freundlich an.  Er hat ihr ihre Sünden vergeben. Alles, was sie vorher von Gott getrennt hat, soll jetzt nichts mehr bedeuten. Er hat ihre traurige Seele frei gemacht.

Die Tischgenossen von Jesus haben nicht schlecht gestaunt.
Wer mit Jesus „zu Tisch“ gewesen ist, der hat oft eine ganz neue Sicht auf die Dinge serviert bekommen.

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